Überkreuzlebendspenden sollen in Deutschland möglich werden

Berlin – Um den Organmangel in Deutschland zu verringern, will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Nierenlebendspenden erleichtern. Dazu sollen entsprechend des Entwurfs eines dritten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes künftig Nierenspenden auch zwischen zwei unterschiedlichen Paaren über Kreuz, sogenannte Cross-over-Lebendspenden, möglich sein. Die Novellierung der Lebendorganspende wurde gestern vom Bundeskabinett beschlossen.
Diese geplante Novelle ist jedoch ausdrücklich unabhängig von einer möglichen Neuregelung der Organspende in Deutschland. „Das Sterben auf der Warteliste muss ein Ende haben. Langfristig brauchen wir deshalb die Widerspruchslösung“, sagte Lauterbach. Kurzfristig könne man aber auf diese Weise mehr Organspenden möglich machen.
Durch die geplante Gesetzesänderung soll künftig das bisher vorgeschriebene „Näheverhältnis“ bei der sogenannten Überkreuzlebendspende entfallen. Das erweitert den Empfängerkreis deutlich. „Diese Überkreuzspende wird eine deutliche Verbesserung in der Versorgung der Menschen sein, die lange Zeit in der Dialyse auf ein Organ warten“, so der Minister.
Bislang ist die Lebendorganspende in Deutschland an strenge Voraussetzungen geknüpft, da sie für gesunde Spender und Spenderinnen keinen Heileingriff darstellt und mit Risiken verbunden ist. So müssen Spendende volljährig und einwilligungsfähig sowie mit dem Empfangenden besonders persönlich verbunden sein. Dadurch sollte vor allem der Handel mit Organen unterbunden werden.
Auf Letzteres legt auch die Novelle wert, wenngleich mit anderen Mitteln: Wenn künftig eine Überkreuzspende ohne Näheverhältnis erfolgt, soll diese laut Entwurf anonym stattfinden und von Transplantationszentren organisiert werden. Die Vermittlung der Nieren soll ausschließlich nach medizinischen Kriterien und unter Wahrung der Anonymität erfolgen. Mit der Anonymität soll verhindert werden, dass Geld für ein Organ gezahlt wird.
Zudem soll ein nationales Programm für die Vermittlung und Durchführung der Überkreuzlebendnierenspenden aufgebaut werden. Es soll ferner eine Stelle zur Vermittlung von Nieren im Rahmen der Überkreuzlebendnierenspende errichtet werden. Die Ermächtigung der Bundesärztekammer zur Feststellung des Standes der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft in Richtlinien soll durch die neuen Regelungen erweitert werden.
Auch der Spenderschutz soll weiter gestärkt werden. Dazu sollen die Regelungen zur Aufklärung und Konkretisierung der Spendereignung erweitert werden. Eine psychosoziale Beratung und Evaluation soll verpflichtend sein.
Durch die Unabhängigkeit einer „sachverständigen Person“ soll gewährleistet werden, dass die Beratung und Evaluation nicht von den transplantationsmedizinischen Verantwortlichen im Transplantationszentrum beeinflusst wird.
Die Anforderungen an die Qualifikation sollen künftig in der Richtlinie der Bundesärztekammer festzustellen sein. Ferner sollen alle Spenderinnen und Spender durch eine Lebendspendebegleitperson individuell unterstützt werden.
Die gestern im Kabinett beschlossene Novelle entspricht einer langjährigen Forderung des Deutschen Ärztetages. Dieser hat sich bereits vor drei Jahren mehrheitlich dafür ausgesprochen, den Kreis der Spender bei der Lebendorganspende auszuweiten. Auch aus Sicht des Ärzteparlaments sollte eine Cross-over-Lebendspende – wie sie bereits in anderen Ländern erlaubt ist – auch in Deutschland ermöglicht werden.
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