Politik

Wahl in Brandenburg: Gesundheitspolitik ein Faktor

  • Mittwoch, 18. September 2024
/kebox, stock.adobe.com
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Potsdam – Am 22. September findet in Brandenburg die Landtagswahl statt. Bisherigen Umfragen zufolge kann die bisherige Koalition von SPD, CDU und Grünen nicht mehr mit einer Mehrheit der Sitze rechnen, es fehlt ein weiterer Partner. Die Regierungsbildung dürfte schwierig werden, denn mit der AfD will keine Partei koalieren.

Das Deutsche Ärzteblatt blickte im Vorfeld der Wahl auf die gesundheitspolitischen Schwerpunkte der Partei­en.

SPD

Die SPD will die Investitionsfördersumme für die Krankenhäuser des Landes in der kommenden Legislaturpe­rio­de von 110 Millionen Euro auf 200 Millionen Euro pro Jahr erhöhen. Insbesondere kommunale Klinikver­bünde will die SPD – vor allem im Hinblick auf Spezialisierungen – fördern. Sie will sich in der Lausitz für ein Innovationszentrum an der Universitätsmedizin Cottbus einsetzen, um neue Ansätze zur Gesundheitsversor­gung zu finden.

Zudem soll die Digitalisierung im Land vorangetrieben werden, zum Beispiel durch die Telemedizin und die elektronische Gesundheitskarte (eGK). Mit dem Investitionsprogramm „Kommunale medizinische Versorgung“ sollen die Kommunen unterstützt werden, insbesondere die hausärztliche Versorgung sicherzustellen.

Dabei sollen mehr barrierefreien Praxen ein Kriterium der Fördermittelvergabe sein. Die Anerkennung auslän­discher medizinischer Fachkräfte soll beschleunigt werden. „Es muss das Ziel sein, dass diese Fachkräfte schneller zur Gesundheitsversorgung beitragen können“, heißt es im Regierungsprogramm der SPD.

Um dem Ärztemangel in ländlichen Regionen entgegenzutreten, soll das Landärztestipendium fortgeführt und auf Zahnärzte ausgeweitet werden. Damit verbunden ist die Verpflichtung, danach fünf Jahre im Land tätig zu sein. Die SPD will das Agnes-Programm für Gemeindeschwestern, das seit 2011 läuft, für alle Versicherten zu­gänglich machen. Bislang wird es nur von drei Krankenkassen bezahlt.

Mit dem Ausbau des bereits laufenden „Pakts für Pflege“ will die SPD weitere pflegerische Unterstützungs- und Beratungsstrukturen im Land schaffen, um die häusliche Pflege zu stärken. Dabei soll insbesondere der Ausbau der „Nachbarschaftshilfe“ unter Zahlung eines Entlastungsbetrages stärker genutzt werden.

Um die Eigenanteile der Pflegebedürftigen im Heim zu senken, will die SPD einen höheren Anteil an den In­vestitionskosten übernehmen, die heute ein Teil der Eigenanteile sind. Zudem will die Partei die Investitions­pauschale des Landes für Pflege- und Gesundheitsschulen erhöhen.

Grüne

Die Grünen wollen die Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen verbessern, die Krankenhausreform der Bundesebene für Brandenburg sinnvoll gestalten und die Digitalisierung vorantreiben.

„Mit dem Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst haben wir während der Coronakrise mehr als 150 neue Stellen in den Gesund­heitsämtern im Land geschaffen“, heißt es in dem Wahlprogramm der Partei. „Wir wollen diese zentrale Säule des Gesundheitswesens weiter ausbauen und umfassend digitalisieren, sodass Meldungen per Fax der Ver­gangenheit angehören.“

Die Grünen wollen die ambulante und stationäre Versorgung stärker zusammen denken. Das Modellprojekt des ambulant-stationären Zentrums in Templin wollen sie fortführen und sich auf Bundesebene für einen aus­kömm­lichen Finanzierungsmechanismus dieser Versorgung einsetzen. Zudem wollen sie eine Versorgungs­planung auf den Weg bringen, die Krankenhäuser und ambulante Angebote zusammen denkt.

Um Krankenhäuser gerecht zu entlohnen, wollen sich die Grünen für einen Landesbasisfallwert einsetzen, der tatsächliche Betriebs-, Sach- und Personalkosten abbildet. „Wir wollen das Programm ‚Green Care and Hospital‘, das Gesundheitseinrichtungen bei der Reduzierung ihres Bedarfs an fossilen Energieträgern unterstützt, fort­führen und weiter ausbauen, um unter anderem auch die weitgehende Vermeidung gesundheits- und umwelt­schädlicher Baumaterialien zu unterstützen“, heißt es im Wahlprogramm.

Um Ärzte zu entlasten, wollen die Grünen die Delegation und Substitution ärztlicher Tätigkeiten durch quali­fi­ziertes Pflegepersonal unterstützen. Auch akademische Angebote wie das Studium „Physician As­sistant“ will die Partei fördern. Sie will die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Gründung von kommuna­len und ge­mein­nützigen Medizinischen Versorgungszentren erleichtern. „Denn junge Ärztinnen und Ärzte arbeiten lieber angestellt, als das Risiko einer eigenen Praxis auf sich zu nehmen“, schreibt die Partei.

CDU

Im Regierungsprogramm der CDU heißt es, Krankenhäuser, Haus- und Fachärzte müssten überall im Land Brandenburg verfügbar sein – nicht nur in großen Städten oder im Berliner Umland. Dafür wolle man gemein­sam mit den Landkreisen, Kommunen, Krankenkassen und Verbänden sorgen.

Grundsätzlich soll gerade in den ländlichen Regionen die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und am­bulanten Strukturen noch besser koordiniert und Prävention, Gesundheitskompetenz, Gesundheit und Pflege noch stärker zusammengedacht werden.

Konkret will die Landes-CDU unter anderem Unter- und Überversorgungen nach einer Bedarfsmessung aus­gleichen und dafür sorgen, dass die Krankenhausplanung zwischen Brandenburg und Berlin die Bedürfnisse der Brandenburger Kliniken berücksichtigt. Zum Thema Krankenhausfinanzierung heißt es, man wolle eine „auskömmliche Finanzierung mit langfristiger Planungssicherheit für alle Krankenhausstandorte“.

Bezüglich der Versorgung in Praxen plant die CDU eine „Doppelstrategie“ – es sollen sowohl mehr Ärztinnen und Ärzte ausgebildet als auch eine „gleichmäßigere Verteilung im Land durch Anreize“ erreicht werden.

Mit einem kommunalen Zuschussprogramm für die Niederlassung von Ärzten im ländlichen Raum soll es zu­dem erleichtert werden, gemeindliche Grundstücke für Praxen bereitzustellen, finanzielle Unterstützung bei der Anschaffung medizinischer Großgeräte zu leisten oder weitere Anreize zu schaffen. Auch Landarztstipen­dien sollen weiter ausgebaut werden.

Um digitale Ansätze zur Sicherstellung einer hochwertigen Versorgung im ländlichen Raum umzusetzen, sieht das CDU-Programm den Aufbau von entsprechenden Förderregionen vor. Generell sollen E-Health und Tele­medizin ausgebaut sowie Berufsgruppen wie Gemeindeschwestern oder auch Advanced Practice Nurses ein­gesetzt werden.

Linke

Auch das Programm der Linkspartei sieht den Erhalt aller brandenburgischen Krankenhausstandorte vor. Zu­gleich soll eine weitere Privatisierung gestoppt und Kliniken in die öffentliche Hand zurückgeholt werden. Da­zu sollen regionale Klinikverbünde unter dem Dach einer Landeskrankenhausgesellschaft geschaffen werden.

Die ärztliche Versorgung auf dem Land will die Linke unter anderem mit Landarztstipendien, kommunalen me­dizinischen Versorgungszentren (MVZ) sowie den flächendeckenden Ausbau des Gemeindeschwester-Pro­gramms absichern.

Zur Sicherung der Versorgung soll auch der Ausbau einer sektorenübergreifenden Versor­gung, verwiesen wird auf ambulant-stationäre Zentren, beitragen. Auf der Agenda der Linkspartei bleibt zudem die Einführung einer „solidarischen Gesundheits- und Pflegeversicherung für alle“.

BSW

„Kein Krankenhaus in Brandenburg soll geschlossen werden“, heißt es im Programm der erst im Januar 2024 gegründeten Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Das BSW fordert ein Selbstkostendeckungsprinzip – Gewinne aus der stationären Gesundheitsversorgung zu erzielen, soll verboten werden. Zudem müsse das Land seiner Verantwortung für auskömmliche Krankenhausinvestitionen dauerhaft nachkommen.

In strukturschwachen und dünn besiedelten Regionen soll laut BSW eine Grundversorgung in sektorenüber­grei­fenden Versorgungszentren mit angelagerten MVZ und Kurzzeitpflegeeinrichtungen sichergestellt werden. Auch soll ein landesweit einheitliches Telenotarztsystem ausgebaut werden.

AfD

Die AfD will die „ungleiche Verteilung von Arztpraxen zwischen dem Berliner Speckgürtel und dem ländlichen Raum" verändern. Dabei sehen sie die Kommunen aber auch die Landesregierung in der Pflicht. Um dem Ärzte­mangel zu begegnen, sollen mehr Ärzte im Land ausgebildet werden. „Die Beschäftigung junger Mediziner, vor allem aus Mittel- und Südosteuropa, die in ihren Heimatländern fehlen, darf kein Dauerzustand werden“, heißt es im Wahlprogramm.

Um dieses Ziel zu erreichen, soll „zügig und in genügend großer Zahl Studienplätze an der geplanten Univer­sitätsmedizin Cottbus entstehen.“ Die Medizinische Hochschule Brandenburg soll dafür mit einer „verlässli­chen“ institutionellen Förderung unterstützt werden. Auch soll die Zahl der Stipendienplätze für das Land­ärzteförderprogramm „sofort“ erhöht werden. Zuschüsse für Niederlassungen auf dem Land sollen aus dem Landeshaushalt finanziert werden.

Außerdem will sich die AfD für die Entbudgetierung für Ärzte und Zahnärzte einsetzen, die Wartezeiten für Arzttermine verkürzen und in diesem Zuge auch die Neupatientenregelung wieder einführen. Lieferengpässe bei Arzneimitteln sollen begrenzt werden, dazu soll es Initiativen im Bundesrat geben.

Der Zuzug von ausländischen Ärzten soll geprüft werden. „Wir fordern eine genaue Prüfung aus­ländischer medizinischer Abschluss- und Arbeitszeugnisse", heißt es in dem dazugehörigen Absatz des Pro­gramms. Zur Prüfung sollen besonders im EU-Ausland die deutschen Auslandsvertretungen einbezogen wer­den, die den „Werdegang des Bewerbers überprüfen können“.

Auch sollen die Ärzte ohne deutschen Berufsabschluss Kenntnisse des deutschen Gesundheitswesens nachwei­sen. „Um aber als vollwertige Ärzte den Patienten hier genauso gut wie ihre hier ausgebildeten Kollegen hel­fen zu können, dürfen sie auch bezüglich des komplexen deutschen Gesundheitssystems keine Bildungslücken aufweisen."

Klinikstandorte sollen nach Meinung der AfD in Brandenburg nicht geschlossen werden, dafür müssten die Ener­gie- und Preissteigerungen in der Vergütung abgebildet werden. Auch auf Landesebene solle die „Investi­tionen in die Kliniken dauerhaft erhöht werden."

Auch für die Vorbeugung von Krankheiten will sich die AfD einsetzen, dabei soll auf „vorbeugende Gesund­heits­erziehung“ soll auf die „Risiken einer ungesunden Lebensführung" hingewiesen werden. Allerdings mit den „vernünftigen Prioritäten“, zu denen die Prävention von Alkohol, Zigaretten und Drogen gehörten und nicht „das Schweineschnitzel zum Mittag“. Warnungen soll auch vor veganer Ernährung ausgesprochen werden.

Ärzte, Zahnärzte und Apotheker nehmen Landespolitik in die Pflicht

Im Vorfeld der anstehenden Landtagswahl forderten Ärzte, Zahnärzte und Apotheker von der zukünftigen Lan­desregierung in einer gemeinsamen Erklärung konsequente Maßnahmen, um die bedarfsgerechte Gesund­heitsversorgung der Bevölkerung zu sichern. Sowohl der ambulante als auch der stationäre Bereich müssten im Sinne der Daseinsvorsorge gestärkt und zukunftsfähig gemacht werden.

Gefordert wurde auch eine stärkere Einbindung in politische Entscheidungen, inklusive Mitspracherecht. Nur durch die aktive Beteiligung der Fachleute aus dem Gesundheitswesen könne die Versorgung in Brandenburg zukunftssicher gestaltet werden.

Die Kammerversammlung der Landesärztekammer Brandenburg hat sich zudem ausdrücklich der Resolution des 128. Deutschen Ärztetages „Nie wieder ist jetzt!“ angeschlossen. Der 128. Deutsche Ärztetag hatte sich in diesem Jahr in Mainz mit dieser Resolution in besonderer Weise zu Demokratie und Pluralismus als Fundament eines menschlichen Gesundheitswesens bekannt.

fos/aha/bee

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