Vermischtes

Anspruch auf Dronabinol im Eilverfahren wegen massiven Untergewichts zuerkannt

  • Dienstag, 30. Juli 2019
/samjonah, stock.adobe.com
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Darmstadt – Massives Untergewicht kann ein Grund sein, warum die gesetzliche Kran­ken­versicherung (GKV) die Versorgung mit Dronabinol (Tetrahydro­cannabinol (THC)) zu­nächst über­nehmen muss, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen nicht nachgewiesen sind. Dies entschied der 1. Senat des Hessischen Landes­sozialgerichts (LSG) in einem heute veröffentlichten Beschluss (Az.: L 1 KR 256/19 B ER).

In einem gerichtlichen Eilverfahren seie die Folgenabwägung über die körperliche Unver­sehrtheit von besonderer Bedeutung, urteilte der 1. Senat. Die Darmstädter Richter ver­pflichteten mit dieser Begründung die Krankenkasse zur vorläufigen Versorgung des Ver­sicherten mit Dronabinol für einen Zeitraum von einem Jahr.

Es sei zwar vorliegend nicht geklärt, ob eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stehe beziehungsweise eine solche nicht zur Anwendung kommen könne, schreibt das LSG. Ebenso sei die Aussicht auf eine spürbare positive Einwir­kung auf den Krankheitsverlauf unsicher. Beides müsse das ge­richt­liche Hauptsache­verfahren klären.

Bei der im gerichtlichen Eilverfahren erforderlichen Folgenabwägung überwiege vorlie­gend jedoch das grundrechtlich besonders geschützte Rechtsgut auf körperliche Unver­sehrtheit des lebensbedrohlich untergewichtigen Versicherten gegenüber dem Interesse der Krankenkasse auf eine wirtschaftliche Krankenbehandlung, begründete das LSG.

Der behandelnde Arzt habe zudem ausgeführt, dass die bereits während einiger Monate mittels Privatrezept durchgeführte Dronabinolbehandlung eine Reduktion der Schmerzen sowie insbesondere eine Gewichtzunahme bei dem Versicherten bewirkt habe. Es solle daher ein Behandlungsversuch über einen längeren Zeitraum erfolgen, damit die Wirkung der Dronabinoltherapie auf den Krankheitsverlauf beziehungsweise die schwerwiegenden Symptome beurteilt werden könne.

Im vorliegenden Fall hatte ein massiv unterernährter Versicherter die Versorgung mit Dronabinol bei seiner Krankenkasse beantragt. Der 19-Jährige leidet seit seiner frühen Kindheit an einer seltenen Darmerkrankung, die massive Bauchkrämpfe verursacht. Aufgrund der schweren Schmerzen wurde er unter anderem mit Opioiden behandelt.

Im Jahr 2017 lag sein BMI bei 16. Im September 2018 wurde ihm eine Therapie mit Dro­nabinol zur Besserung der Schmerzen, des Appetits und des Schlafs empfohlen. Die Kran­kenkasse lehnte die Versorgung wegen der Gefahr einer Abhängigkeit von Cannabis bei bereits vorliegender Suchterkrankung des Versicherten ab.

Der Mann wiegt dem LSG zufolge mittlerweile bei einer Körpergröße von 1,80 Metern nur noch 44 Kilogramm (BMI 13,6). Er bezieht Hartz IV und kann die Dronabinoltherapie nicht aus eigenen Mitteln finanzieren. Er beantragte eine einstweilige gerichtliche Anordnung.

may

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