Vermischtes

Bundesregierung will Einsparungen in der Versorgung, nicht aber bei Arzneimittelpreisen

  • Mittwoch, 24. September 2025
Gesundheitskosten Arzneimittelkosten
/YK, stock.adobe.com

Berlin – Die Senkung der steigenden Arzneimittelkosten wird bei der Reform der Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nur eine nachgeordnete Rolle spielen. Das erklärten Politiker aus Bundesregierung und Regierungsparteien gestern beim Tag der innovativen Gesundheitswirtschaft in Berlin.

Man dürfe die Preise für Arzneimittel „nicht nur aus einem monetären Gesichtspunkt betrachten“, sondern müsse ihnen eine umfassende Kosten-Nutzen-Abwägung gegenüberstellen, erklärte Christos Pantazis, gesundheitspolitischer Sprecher der der SPD-Bundestagsfraktion.

Ansätze, im Gesundheitswesen zu sparen, würden sich deshalb zunächst einmal auf den ambulanten und den stationären Sektor konzentrieren. „Da haben wir ganz andere Probleme, die sich im zweistelligen Milliardenbereich bewegen“, sagte er.

So gebe es in der Krankenhauslandschaft „enorme Effizienzreserven“, die man heben müsse. Das deutsche Gesundheitswesen leiste sich beispielsweise noch viel zu viel Gelegenheitschirurgie. „Auch die Art und Weise, wie wir Medizin betreiben, ist nicht immer zufriedenstellend.“

Dennoch könne er der Pharmaindustrie noch nicht versprechen, dass es gar keine finanziellen Einschnitte geben werde. „Jeder wird seinen Beitrag leisten müssen“, beteuerte Pantazis. „Natürlich wollen wir eine industriefreundliche Politik machen, weil wir die Wirtschaftswende schaffen wollen, aber wir müssen auch zusehen, dass wir die Beitragssätze stabilisieren.“

Weitgehende Zustimmung erhielt er von Simone Borchardt, gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsbundestagsfraktion. Sie plädierte für Erleichterungen für die Industrie. So müssten neben einem umfassenden Bürokratieabbau vor allem die Rabattverträge für Generika auf den Prüfstand.

Der Preisdruck in diesem Sektor sei wesentlich mitverantwortlich für die Zunahme an Lieferengpässen. „Wir sind an dem Punkt, an dem Generikahersteller sagen, dass sie lieber andere Länder beliefern, weil es sich hier nicht mehr lohnt“, sagte sie. Es brauche einen neuen Pharma-, aber auch einen Medizinproduktedialog, um gezielter zu eruieren, wie die Bedingungen für die Industrie verbessert werden könnten.

Auch Borchardt sieht Einsparpotenzial vor allem im stationären Bereich. „Wir sind bei der Ambulantisierung keinen Schritt vorangekommen“, kritisierte sie. „Es gibt Leistungen, die werden in anderen Ländern zu 90 Prozent ambulant erbracht. Nur wir schicken unsere Patienten dafür noch ins Krankenhaus.“ Zudem seien es auch beim Case Management und bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens noch erhebliche Effizienzsteigerungen möglich.

Zuvor hatte bereits Tino Sorge, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), betont, es sei ein zentrales Ziel der Bundesregierung, die Pharmaindustrie zu stärken. Deren Bedeutung für die Gesamtwirtschaft müsse stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt werden. Angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung müsse die Politik auf jene Branchen setzen, die tatsächlich Wachstum generieren. „Wir wollen Deutschland zum führenden Pharmastandort machen“, versprach er.

Auch Sorge erläuterte, die Kostendebatte in der GKV müsse zuerst über die Hebung von Effizienzen statt über Leistungskürzungen geführt werden. Zudem müssten die Rahmenbedingungen für die Industrie verbessert werden, beispielsweise durch einen leichteren Zugang zu Forschungsdaten. Hier hatte Luise Hölscher, Staatssekretärin im neu geschaffenen Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung, einen Paradigmenwechsel versprochen.

Die hohe Sensibilität von Gesundheitsdaten sei eine besondere Herausforderung bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens, räumte sie ein. Doch gerade deshalb müsse eine neue Balance zwischen Datenschutz und Datennutzung gefunden werden.

„Ein solcher ermöglichender Datenschutz ist zentral für die Wettbewerbsfähigkeit Europas und damit unsere Zukunft“, unterstrich sie. Die Bundesregierung wolle deshalb eine Reform des Datenschutzrechts angehen. Nicht kommerziell genutzte Daten sollen demnach künftig von strengen Datenschutzregeln ausgenommen werden.

„Wir brauchen auch im Gesundheitswesen eine Vereinfachung des Datenschutzes und eine Zentralisierung der Datenschutzaufsicht“, erklärte Hölscher. Zudem gingen die Arbeiten ihres Ministeriums an der Entbürokratisierung voran. Derzeit sammele man noch die Vorschläge aus den Ministerien, doch bereits im Oktober soll das Kabinett diese beraten.

lau

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