Corona: Geistige Behinderung bedeutet kein erhöhtes Risiko

Münster – Das Risiko an einer COVID-19-Infektion zu sterben ist nach Ansicht von Experten für Menschen mit geistiger Behinderung nicht viel höher als für die Gesamtbevölkerung.
Das geht aus ersten Ergebnissen von drei Studien aus den USA, den Niederlanden und aus Schweden hervor, wie das Institut für Teilhabeforschung der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen (KatHO) in Münster mitteilte.
Allerdings gibt es laut Angaben Unterschiede bei den Altersstrukturen der verstorbenen Patienten. Während 1,7 Prozent der unter 18-jährigen Erkrankten mit geistiger Behinderung stürben, seien es bei denjenigen ohne geistige Behinderung nur 0,1 Prozent.
Die Sterberate bei Erwachsenen mit geistiger Behinderung zwischen 18 und 74 Jahren liege bei 4,5 Prozent; bei der gleichen Altersgruppe ohne geistige Behinderung bei 2,7 Prozent. Von den 75-jährigen und älteren Patienten sterbe dagegen in beiden Gruppen jeder Fünfte.
„Dass Menschen mit geistiger Behinderung im früheren Alter an COVID-19 sterben, hängt wahrscheinlich mit ihrer insgesamt um mindestens zwölf Jahre geringeren durchschnittlichen Lebenserwartung und einer früher einsetzenden Gebrechlichkeit zusammen", erklärte Institutsleiter Friedrich Dieckmann.
Angesichts der Ergebnisse forderte die KatHo, bei den von den Ländern verhängten Maßnahmen deutlicher als bisher zwischen Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Altenpflege zu unterscheiden. Das Risiko für Menschen mit geistigen Behinderungen sei anders einzuschätzen als bei hochaltrigen Menschen in Pflegeheimen, hieß es.
Die Maßnahmen sollten differenzierter auf Basis individueller Risikoabschätzungen getroffen werden. Dabei seien insbesondere die existenziellen Bedürfnisse nach Kontakt und gemeinsamer Zeit mit engen Vertrauenspersonen sowie das Recht auf Teilhabe in allen Lebensbereichen zu berücksichtigen.
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