Drei Viertel der Krankenhäuser schreiben rote Zahlen

München – Die Not der Krankenhäuser wird immer größer. Drei von vier Kliniken (75 Prozent) haben das vergangene Geschäftsjahr mit einem Defizit abgeschlossen. Vor fünf Jahren waren es noch 32 Prozent. Das zeigte eine neue Untersuchung der Unternehmensberatung Roland Berger.
Besonders gravierend ist demnach die Situation bei öffentlichen Häusern: 89 Prozent schreiben rote Zahlen, neun Prozent erzielen Überschüsse. Dagegen sind von den privaten Krankenhäusern 17 Prozent defizitär, 83 Prozent machen Gewinn. Freigemeinnützige Träger machten zu 68 Prozent ein Minus, 21 Prozent erzielten Gewinne.
„Die Zahl der Krankenhäuser, die negative Ergebnisse schreiben, wird immer größer, und die Anzahl derjenigen, die Gewinn machen, wird immer geringer“, sagte Peter Magunia, leitender Fachmann für das Gesundheitswesen bei Roland Berger.
Die Unternehmensberatung veröffentlicht die Untersuchung jährlich, für die neue Ausgabe wurden 850 Krankenhausgeschäftsführer und Führungskräfte befragt. 2023 arbeitete nach der damaligen Umfrage zumindest eine knappe Hälfte der Häuser noch wirtschaftlich.
„Die Defizite sind teilweise sehr, sehr hoch, bei einzelnen Häusern sind es über 100 Millionen Euro Defizit“, sagte Magunia. „Da geraten selbst starke öffentliche Träger an ihre Grenzen.“ Die Zahl der Klinikinsolvenzen hat nach Worten des Beraters aber weniger stark zugenommen als erwartet.
„Die Einrichtungen sind sich alle ihrer Verantwortung bewusst und versuchen natürlich, die Gesundheitsversorgung so lange wie möglich aufrechtzuerhalten“, sagte Magunia. „Viele Kommunen schichten dafür Mittel um und verschieben dafür andere Vorhaben.“
Wahrscheinliche Folge der Krankenhauskrise werden nach Einschätzung der Unternehmensberatung mehr Fusionen und weitere Schließungen sein. „Was wir aktuell sehen, ist, dass vermehrt über Zusammenschlüsse nachgedacht wird, teilweise träger- und landkreisübergreifend“, sagte Magunia. „Mehrere Träger tun sich zusammen, bilden einen Krankenhausverbund und schließen ein oder zwei ihrer Häuser.“

Roland Berger erwartet größere Transformationen. „Um aus der Misere herauszukommen, reduzieren Krankenhäuser die Zahl ihrer Standorte, ändern ihr Leistungsportfolio, und investieren in den Ausbau der ambulanten Versorgung“, sagte Magunia.
„Wir schätzen den Investitionsbedarf in den nächsten Jahren auf 130 Milliarden Euro, für Baumaßnahmen, IT und Digitalisierung. Die vorhandenen Fördermittel reichten dafür nicht aus, selbst mit den 50 Milliarden Euro des Krankenhaustransformationsfonds nicht.“ Der Fonds geht noch auf die alte Bundesregierung zurück und soll die Kliniken bei der Modernisierung unterstützen.
Eine Neuordnung des Netzes und Änderungen bei der Vergütung sieht bereits eine beschlossene Krankenhausreform vor. Das noch von der Ampelkoalition durchgesetzte Gesetz soll bis 2029 umgesetzt werden, das Netz der 1.700 Kliniken dürfte damit kleiner werden. Die Reform soll auch den finanziellen Druck mindern, möglichst viele Behandlungen durchzuführen. Die schwarz-rote Koalition plant zudem eine kurzfristige Hilfe von vier Milliarden Euro für die Kliniken. Über die Verteilung der Mittel wird aktuell noch diskutiert.
Für die nähere Zukunft erwarten viele Häuser laut den Beratern eine weitere Verschlechterung, längerfristig wieder eine Verbesserung – was nicht gleichbedeutend mit schwarzen Zahlen ist. Auch den Kliniken ist diese Lage bewusst, deshalb soll jetzt investiert werden.
Dabei variieren die einzelnen Summen je nach Größe und Versorgungsauftrag der Einrichtungen. Besonders viel wollen öffentliche Maximalversorger mit mehr als tausend Betten investieren: Rund 40 Prozent von ihnen planen mit mehr als 500 Millionen Euro und weitere rund 45 Prozent mit 100 bis 500 Millionen Euro.
Fast alle Befragten (96 Prozent) planen in Baumaßnahmen wie Neubauten oder Sanierungen zu investieren, um strukturelle Anpassungen vorzunehmen und die operative Effizienz zu steigern. „Mit den Investitionen sollen unter anderem zentrale strategische Ziele wie verstärkte Ambulantisierung und Spezialisierung erreicht werden“, so Magunia.
„Vor diesem Hintergrund sind die ambitionierten Investitionspläne der deutschen Krankenhäuser für die notwendige Transformation unverzichtbar. Allerdings ist noch offen, wie sie finanziert werden sollen. Zwischen den Plänen und den verfügbaren Mitteln klafft derzeit noch eine erhebliche Finanzierungslücke.“
Als größte Hürden für die Investitionsplanung nennen die Befragten neben der eigentlichen Finanzierung wirtschaftliche Risiken sowie politische und gesetzliche Vorgaben. Im Rahmen der Umsetzung kommen dann Herausforderungen wie Kostenüberschreitungen, die Steuerung der Projekte sowie das Finden geeigneter Dienstleister dazu.
„Für die erfolgreiche Umsetzung solcher Investitionen braucht es mehr als nur Geld“, bestätigt Magunia.„Entscheidend sind die Planung entlang einer stringenten Strategie, klare Priorisierungen und ein effektives Management.“
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: