Elektronische Patientenakte vielfach ungenutzt

Berlin – Für wichtige Gesundheitsdaten wie Untersuchungsbefunde und Laborwerte haben die allermeisten gesetzlich Krankenversicherten inzwischen eine elektronische Patientenakte (ePA). Millionen benutzen sie bisher aber noch nicht für sich selbst, um hineinzusehen oder sensible Angaben zu sperren.
Bei der Techniker Krankenkasse (TK), den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) und der Barmer mit zusammen gut 44 Millionen eingerichteten ePA werden derzeit rund 1,2 Millionen aktiv genutzt, wie die Krankenkassen auf Anfrage mitteilten.
Bei der TK als größter Krankenkasse sind elf Millionen E-Akten angelegt, aktiv nutzen sie 750.000 Versicherte. Bei der Barmer sind es 7,8 Millionen ePA und etwa 250.000 aktive Nutzer. Bei den elf AOK mit 25,8 Millionen E-Akten haben bisher 200.000 Versicherte eine digitale Identität als Zugangsweg erstellt.
„Bisher ist die Zahl der Versicherten, die sich in ihre elektronische Patientenakte einloggen, noch überschaubar“, sagte die Chefin des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann. Das werde sich ab Oktober hoffentlich ändern, denn ab dann seien „Ärztinnen und Ärzte gesetzlich verpflichtet, die ePA zu nutzen und mit relevanten Dokumenten zu befüllen“.
„Wir sind jetzt in der Phase, in der die ePA in der breiten Bevölkerung ankommen muss“, betonte TK-Chef Jens Baas. Nur wenn die Akte gefüllt sei und sich im Alltag etabliere, könne sie ihr Potenzial für die Versorgung entfalten.
Umfragedaten zeigten, dass viele Versicherte interessiert seien, Gesundheitsdaten wie Arztbriefe oder Labordaten über ihre ePA einzusehen, sagte AOK-Chefin Reimann. Neue nützliche Funktionen dürften die Nutzung zusätzlich fördern. So gibt es schon eine Liste der eingenommenen Medikamente. Dazukommen soll bald aber auch ein Medikationsplan mit Angaben etwa zu Arzneidosierungen.
Laut Gematik wurden zuletzt wöchentlich 40 Millionen E-Akten in Praxen, Kliniken und Apotheken geöffnet. Gut 70.000 Einrichtungen machen mit, wobei es bis zu 160.000 sein könnten. Der GKV-Spitzenverband spricht von einem „zufriedenstellenden Start“. Es zeige sich aber auch, dass für eine echte Digitalisierung des Gesundheitswesens noch einiges zu tun sei.
Ein Update mit einigen neuen Funktionen stellte die Gematik gerade vor. So soll schrittweise eine Variante an den Start kommen, mit der man die ePA außer per Smartphone auch am PC verwalten kann. Gebraucht wird dann ein Lesegerät für die elektronische Gesundheitskarte.
Möglich werden soll außerdem, eine aus den eingelösten E-Rezepten gespeiste Medikamentenliste in der ePA nur für bestimmte Praxen zu verbergen – und nicht immer gleich für alle. Dies soll verhindern können, dass Rückschlüsse auf sensible Erkrankungen möglich sind.
Aus Sicht der Verbraucherzentralen (VZBV) ist das eine entscheidende Verbesserung, aber auch nur ein Anfang. Auch bei Befunden und Abrechnungsdaten müssten Patienten selbstbestimmt entscheiden können, welche Einrichtungen worauf Zugriff erhalten.
Nach einer Reform der Ampelkoalition haben 70 Millionen der gut 74 Millionen gesetzlich Versicherten seit Januar eine elektronische Patientenakte von ihrer Kasse bekommen. Wer keine möchte, muss aktiv widersprechen. Der Einsatz in Praxen und Kliniken wird nach einer Testphase derzeit bundesweit ausgedehnt.
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