Fast 150 frühe Nutzenbewertungen von neuen Arzneimitteln

Berlin – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat im vergangenen Jahr 146 frühe Nutzenbewertungen für neue Arzneimittel abgeschlossen – so viel wie nie. Das teilte das Gremium jetzt mit.
„Die Forschungsleistung der Hersteller ist ungebrochen hoch. Aber es bedarf eben auch einer qualitativen Einordnung dahingehend, wie groß die Therapiefortschritte tatsächlich sind“, sagte Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Arzneimittel. Er betonte, genau das leiste der G-BA. Es handle sich um wichtige Informationen für die Behandlung von Patienten und auch für die Preisgestaltung.
Von den 146 abgeschlossenen Verfahren betrafen 56 Verfahren neue Arzneimittel gegen Krebsleiden. Der Anteil von Arzneimitteln gegen seltene Krankheiten lag bei 19 Prozent und damit auf vergleichbarem Niveau wie in früheren Jahren. Insgesamt fünfmal konnte der G-BA einen erheblichen Zusatznutzen anerkennen und damit die beste Kategorie vergeben.
Dies betrifft zum Beispiel die Wirkstoffkombination Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor in Kombination mit Ivacaftor zur Behandlung von Mukoviszidose bei bestimmten Patienten ab zwölf Jahren. Ebenso hoch stufte der G-BA den Wirkstoff Nusinersen bei einer bestimmten Patientengruppe ein, die an der seltenen Erbkrankheit spinale Muskelatrophie (SMA) leidet.
Hecken wies in diesem Zusammenhang auf den Aufwand hin, den die frühe Nutzenbewertung bedeutet: „Jedem Beschluss ist eine in der Regel mehrere hundert Seiten umfassende wissenschaftliche Bewertung des vom pharmazeutischen Unternehmer vorgelegten Dossiers vorangegangen, zu der Experten Stellung nehmen konnten“, sagte er.
Zu jedem schriftlichen Stellungnahmeverfahren erfolge darüber hinaus eine mündliche Anhörung mit klinischen Experten aus der Wissenschaft, von Unternehmen sowie von Pharmaverbänden. „Das waren im letzten Jahr 128 Stunden Anhörungen zu neuen Wirkstoffen mit insgesamt 1.685 externen teilnehmenden Personen“, berichtete er.
Im nächsten Schritt berieten die G-BA-Gremien detailliert über das Dossier, die Dossierbewertung sowie die Stellungnahmen. Auf dieser Grundlage beschließe das G-BA-Plenum schließlich eine gerichtsfeste evidenzbasierte Bewertung des Nutzens.
Neue verschreibungspflichtige Arzneimittel sind in Deutschland grundsätzlich unmittelbar nach der Zulassung für alle Patienten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verfügbar. Der pharmazeutische Unternehmer kann den Preis für neue patentgeschützte Arzneimittel bei Markteintritt frei bestimmen.
In den ersten zwölf Monaten beläuft sich die Erstattung auf diesen vom pharmazeutischen Unternehmer festgelegten Betrag. Die neue Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP will nachschärfen.
„Das im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung festgehaltene Vorhaben, die Zeitspanne der freien Preisbildung durch den Hersteller von derzeit zwölf auf zukünftig sechs Monate zu verkürzen, ist richtig“, sagte Hecken zu den Plänen.
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