Große Unterschiede zwischen Krankenhäusern bei Komplikationen nach Mandelentfernung

Berlin – Bei Mandeloperationen gibt es je nach Krankenhaus große Unterschiede bei der Häufigkeit von Blutungen und weiteren Komplikationen, die nach dem Eingriff auftreten können. Dies teilte heute der AOK-Bundesverband mit.
Nach einer bundesweiten AOK-Auswertung auf Basis des Verfahrens zur Qualitätssicherung mit Routinedaten (QSR) kommen Eingriffe wegen Nachblutungen innerhalb von 30 Tagen nach der Mandeloperation in der Gruppe der Kliniken, die bei der Auswertung am schlechtesten abschneiden, etwa drei Mal häufiger vor als in den Krankenhäusern mit den besten Ergebnissen.
Bei den besseren Krankenhäusern müssten 2,3 Prozent der Patienten mit einem neuerlichen Eingriff rechnen – unter den schwächeren Krankenhäusern liegt der Wert mit 6,8 Prozent deutlich höher. Im Schnitt war ein späterer Eingriff bei fünf Prozent der Operationen nötig.
Unterschiede stellte das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) auch bei weiteren Komplikationen fest – etwa bei Störungen der Stimme, des Schluckens oder des Geschmacks innerhalb eines Jahres nach dem Eingriff. In den besten Kliniken waren keine solchen Komplikationen zu verzeichnen, im Viertel der schlechtesten lag die Rate der ärztlich dokumentierten Komplikationen innerhalb eines Jahres bei mindestens 2,3 Prozent.
Beim Gesamtergebnis, das neben den spezifischen Komplikationen auch Ereignisse ohne direkten Bezug zum Operationsgebiet wie beispielsweise Thrombosen berücksichtigt, zeigt sich in Bezug auf die Komplikationsraten ein Spektrum von bis zu 3,7 Prozent in den besten und mindestens 9,7 Prozent in den schlechtesten Krankenhausabteilungen.
„Die Entfernung der Gaumenmandeln ist eine der häufigsten Operationen im Kindes- und Jugendalter“, sagte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann. Die Operation sei jedoch nicht „so risikolos, wie viele denken“. Blutungen nach einer Mandeloperation sollten „sofort als Notfall“ behandelt werden.
Ausgewertet wurden rund 47.000 AOK-Fälle aus 352 Kliniken, die in den Jahren 2018 bis 2020 mindestens 30 Mandeloperationen bei AOK-Versicherten vornahmen. Berücksichtigt wurden die vollständige Entfernung der Gaumenmandeln und Teilentfernungen.
Das WIdO berücksichtigte nach eigenen Angaben Unterschiede bezüglich Alter, Geschlecht und Vorerkrankungen der Patienten. Bei der Ausgestaltung der Risikoadjustierung sei man von Experten aus der klinischen Praxis beraten worden.
Erstmals klinikbezogene Informationen zur Indikationsqualität
Laut ärztlichen Leitlinien ist die Operation zur Entfernung der Mandeln wegen einer Entzündung in der Regel erst angezeigt, wenn die Betroffenen zuvor mehrfach wegen bakterieller Mandelentzündungen behandelt worden sind. „Diese Vorgabe wird jedoch längst nicht immer eingehalten“, so Reimann.
Daher zeige man im Gesundheitsnavigator erstmals den Anteil der Patienten im jeweiligen Krankenhaus an, bei denen die Entscheidung zur Operation den Leitlinienvorgaben entspricht. Für diese Auswertung zur Indikationsqualität wurden auch die Abrechnungsdaten aus der ambulanten Versorgung herangezogen.
Bei den AOK-Versicherten mit einer Mandeloperation wegen häufiger oder dauernder Entzündung wurde so in den anonymisierten Daten überprüft, ob sie im Jahr vor der OP in mindestens zwei Quartalen wegen Halsschmerzen in ärztlicher Behandlung waren.
„Auch bei den Ergebnissen zur Indikationsqualität sehen wir deutliche Unterschiede zwischen den besten und den schlechtesten Kliniken“, kommentierte Reimann die Ergebnisse. So lag der Anteil der Patienten, bei denen im Jahr vor der OP nicht in mindestens zwei Quartalen eine Halsschmerz-Diagnose dokumentiert worden ist, im schlechtesten Viertel bei 26,4 Prozent oder höher. Im besten Viertel war der Anteil mit bis zu 14,4 Prozent nur etwa halb so hoch.
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