Vermischtes

Klimawandel hat Auswirkungen auf Kindersterblichkeit

  • Freitag, 9. September 2022
/Dan Race, stockadobecom
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München/Düsseldorf – Der Klimawandel habe immense Auswirkungen auf die Gesundheit von Kindern. Davon berichtete Veronika Huber von der Ludwig-Maximilians-Universität München auf dem Kongress für Kinder und Jugendmedizin in Düsseldorf.

20 bis 30 Prozent der hitzebedingten Todesfälle in Deutschland seien auf den menschengemachten Klima­wan­del zurückführen, sagte Huber und nahm damit Bezug auf bisher noch unveröffentlichte Daten ihrer eige­nen Forschungsarbeit.

Insbesondere bei Kleinkindern steige das temperaturbedingte Sterberisiko stark an. Dies zeigt sich bei­spielsweise in landesweiten Daten aus Südafrika. In einer Studie in Environmental Research (2018; DOI: 10.1016/j.envres.2017.11.001) haben Forschende die Auswirkungen von Hitze und Kälte auf die Mortalität untersucht.

Demnach haben neben älteren Menschen Kinder unter fünf Jahren das höchste Risiko an den Auswirkungen von Hitze- oder Kälte zu sterben. So war das relative Risiko von Kindern bei den heißesten Tagen um 24 Pro­zent erhöht im Vergleich zu den Tagen mit der geringsten Sterblichkeit.

Die temperaturbedingte Mortalität von Kindern in Deutschland zu berechnen sei aufgrund der geringen Kin­dersterblichkeit hierzulande schwierig, erklärte Huber. Allerdings könne die Morbidität als Parameter heran­gezogen werden. „Bei erhöhten Tagestemperaturen im Sommer nehmen die Notaufnahmen bei Kindern zu“, sagte die Klimaforscherin.

Dies bestätigt sich in einer Studie (Elsevier 2018 DOI: 10.1016/j.scitotenv.2020.143772 ), in der die Daten von knapp 600.000 Patientinnen und Patienten aus Notaufnahmen im Raum München eingeflossen sind. Pro ge­messenem Grad Temperaturanstieg wurde mehr als ein Kind (1,1) zusätzlich über die Notaufnahme aufge­nom­men.

Bei einem Temperaturanstieg von plus sieben Grad Celsius, wie beispielsweise während einer Hitzewelle im Juli 2015, müssten demnach fast acht zusätzliche Notaufnahmen von Kindern erfolgen. Die Studienautoren machen dafür asthmatische und gastrointestinale Beschwerden verantwortlich.

„Durch den Klimawandel könnte die Mortalität aufgrund gastrointestinaler Erkrankungen noch stark zuneh­men", sagte Huber. Forschende haben mit verschiedenen Szenarien der Temperaturerhöhung die Mortalität durch gastrointestinale Erkrankungen berechnet (The Lancet Planetary Health 2021; DOI: 10.1016/S2542-5196(21)00152-2).

Vor allem Länder der Subsahara und in Südostasien seien von der erhöhten Mortalität betroffen, so Huber. Hier spielten Erkrankungen durch Protozoon und Bakterien eine größere Rolle, die bei einem Temperaturan­stieg zunehmen.

Die Häufigkeit von viralen Erkrankungen sinkt dagegen bei höheren Temperaturen. Länder, in denen eher virale Erkrankungen im Vordergrund stünden, zeigten in den Berechnungen kaum Veränderungen oder teils sogar einen Rückgang.

Huber wies allerdings darauf hin, dass die Studie nur die Auswirkungen der Temperatur und keine weiteren Effekte des Klimawandels mit einbeziehe: „Es ist eine globale Studie mit starken Vereinfachungen.“

Die Daten bestätigten sich aber auch in Berechnungen mit konkreten Sterbezahlen von den Philippinen, wo bereits jetzt 40 Prozent der Todesfälle von Kindern unter 5 Jahren auf gastrointestinale Erkrankungen zurück­zuführen seien. Auch in dieser Studie (Environ Health Perspect 2022 DOI: 10.1289/EHP9324 ) zeigen Zukunfts­modellierungen eine Zunahme der Sterbefälle durch gastrointestinale Infektionen.

mim

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