Vermischtes

Klinik für Maßregelvollzug in Berlin weiter überfüllt

  • Montag, 2. Oktober 2023
Blick auf eines der Gebäude vom Krankenhaus des Maßregelvollzugs für als psychiatrisch auffällig oder suchtkrank eingestufte Straftäter auf dem Gelände der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik, Berlin. /picture alliance, Jörg Carstensen
Blick auf eines der Gebäude vom Krankenhaus des Maßregelvollzugs für als psychiatrisch auffällig oder suchtkrank eingestufte Straftäter auf dem Gelände der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik, Berlin. /picture alliance, Jörg Carstensen

Berlin – Das Krankenhaus des Maßregelvollzugs (KMV) in Berlin-Reinickendorf ist weiterhin überbelegt. Die Lage dort ist bereits seit längerer Zeit angespannt – die Kapazitäten reichen nicht aus.

Ende September (Stichtag 26. September) waren dort 549 stationäre Betten von den Ordnungsbehörden geneh­migt, die mit 619 Patienten belegt waren, wie die Senatsverwaltung für Gesundheit heute auf Anfrage mitteilte.

Die auf die Behandlung suchtkranker Straftäter spezialisierten Fachkliniken im Maßregelvollzug sind in zahlrei­chen Bundesländern überbelegt. Zwölf neue Plätze in der Klinik sind inzwischen belegt.

„Die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege arbeitet aktiv und permanent daran, die Situation im KMV zu verbessern“, so die Gesundheitsverwaltung. Das Krankenhaus solle erweitert und saniert werden, um Überbelegung und Aufnahmedruck entgegenzuwirken. „Zwölf neue Plätze im Haus 4 auf dem Gelände des KMV konnten mittlerweile belegt werden.“

Die Immobiliensuche aus dem Bestand der Berliner Immobilienmanagement GmbH nach einem weiteren Stand­ort sei erfolgreich abgeschlossen. „Über die genaue Nutzung wird gerade noch verhandelt.“ Eine ressortübergrei­fende Arbeitsgruppe entwickele derzeit außerdem einen „Masterplan KMV 2040“.

Die Tageszeitung taz berichtete heute über eine Patientin der Klinik, die sich über Zustände beschwert habe, die kaum auszuhalten seien. Die Frau gab demnach an, in einen Hungerstreik getreten zu sein und einen Forderungs­katalog vorgelegt zu haben. Die KMV-Leitung habe die Forderungen zur Kenntnis genommen, sagte eine Spre­cherin der Gesundheitsverwaltung.

Im Hungerstreik sei die betreffende Frau aber nicht. „Wie uns der Ärztliche Leiter des KMV, Sven Reiners, bestä­tigte, isst und trinkt die angesprochene Patientin.“ Sie habe Anfang vergangener Woche einen Hungerstreik an­gedroht, am Tag darauf aber wieder etwas gegessen.

Der Berliner Maßregelvollzug hatte im Februar für bundesweite Schlagzeilen gesorgt. Ein 2021 wegen besonders schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung zu sieben Jahren Haft verurteiltes Clan-Mitglied kam wegen der Überbelegungssituation vorübergehend auf freien Fuß. Kurz danach musste die Berliner Staatsanwaltschaft einen weiteren Straftäter wegen Platzmangels entlassen.

Kritik am Maßregelvollzug in Berlin gibt es schon länger. Straftäter kommen in den Maßregelvollzug, wenn ein Gericht sie als psychiatrisch auffällig oder suchtkrank einstuft. Bei längeren Freiheitsstrafen kann die Haft auf­ge­teilt werden. Dabei wird dann ein Teil im Gefängnis abgesessen, anschließend folgt der Maßregelvollzug. Dort wird entschieden, ob der Verurteilte die Reststrafe weiter absitzen muss oder nach der Hälfte der Strafe auf freien Fuß kommt.

In Berlin hatten bereits 2020 Mitarbeiter des KMV eine „dauerhafte Überbelegung“ und einen „akuten Personal­mangel“ als Ursache für eine zunehmende Zahl von Gewalttaten in der Klinik beklagt. Anfang dieses Jahres kriti­sierte der Präsident der Ärztekammer Berlin, Peter Bobbert, die Zustände im Krankenhaus des Maßregelvollzugs seien erschreckend und nicht länger hinnehmbar.

dpa

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