Leichter Anstieg der Tuberkulose in Deutschland

Berlin – In Deutschland ist es erstmals seit 2016 wieder zu einem wenn auch leichten Anstieg der Neuerkrankungen an einer Tuberkulose gekommen. Nach einem Report des Robert-Koch-Instituts (RKI) wurden letztes Jahr 4.076 Neuerkrankungen registriert, 3,5 % mehr als im Vorjahr. Dies hängt in erster Linie mit dem Krieg in der Ukraine zusammen.
Deutschland gehört bei der Tuberkulose zu den Niedriginzidenzländern. Viele Einwohner stammen jedoch mittlerweile aus Ländern, in denen die Erkrankungen sehr viel häufiger sind. Diese Migranten haben sich in ihrem Heimatland infiziert, erkranken jedoch manchmal erst Jahrzehnte später in Deutschland.
Die Inzidenz unter Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit ist seit 2002 von 6,7 auf nunmehr 1,5 pro 100.000 Einwohner stetig gesunken. Unter den Menschen mit nicht deutscher Staatsbürgerschaft war die Inzidenz bereits 2002 mit 31,9 Erkrankungen auf 100.000 Personen deutlich höher. Die Inzidenz sank 2008 auf 20,9/100.000, stieg dann während der Flüchtlingskrise 2015/16 auf 42,8/100.000. Im Jahr 2021 war sie wieder auf 23,5/100.000 gesunken.
Im letzten Jahr stieg die Inzidenz in dieser Gruppe wieder auf 25,1/100.000 an. Dies ist vor allem auf Geflüchtete aus der Ukraine zurückzuführen. Auf sie entfielen 6,5 % aller Infektionen bei nicht in Deutschland geborenen Menschen (im Vorjahr lag der Anteil nur bei 0,7 %). Die Ukraine ist nach Afghanistan (6,9 %) und vor Rumänien (6,5 %) das zweithäufigste Heimatland bei einer vermutlich außerhalb von Deutschland erworbenen Tuberkulose.
Wie in den meisten Ländern der ehemaligen UdSSR ist die Resistenzproblematik in der Ukraine hoch. Insgesamt 29,6 % der Patienten aus postsowjetischen Ländern war mit multiresistenten Bakterienstämmen (MDR-TB) infiziert.
Bei den in Deutschland geborenen Patienten waren es nur 1,7 %. Die Migration aus der Ukraine erklärt, warum sich die Zahl der MDR-TB im letzten Jahr von 77 auf 166 Fälle mehr als verdoppelt hat. An einer extensiv-resistenten Tuberkulose (XDR-TB) sind 33 Personen erkrankt.
Bei einer MDR-Tuberkulose sind die Behandlungszeiten verlängert, bei einer XDR-Tuberkulose ist das Sterberisiko erhöht. Das RKI hat im letzten Jahr 116 krankheitsbedingte Todesfälle registriert. Das sind etwas weniger als im letzten Jahr (123 Todesfälle). Wegen der langen Behandlungsdauer ist jedoch nicht auszuschließen, dass die Zahl der Todesfälle in den nächsten Jahren ansteigen wird.
Die meisten Erkrankungen betrafen die Lungen. Im letzten Jahr erkrankten 2.567 Patienten an einer offenen, hoch-infektiösen Lungentuberkulose. Bei Umgebungsuntersuchugen wurden 183 Infektionen gefunden.
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