Männergesundheitsbericht widerlegt Klischees für junge Generation

Berlin – Männer leben weniger gesundheitsbewusst und deutlich risikoreicher als Frauen. Dieses Klischee treffe auf die jüngere Generation nicht mehr zu, sagte Kurt Miller von der Klinik für Urologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin heute bei einer Pressekonferenz zur Präsentation des 5. Männergesundheitsberichts im Auftrag der Stiftung Männergesundheit.
In einer repräsentativen Onlinebefragung zu Gesundheit, psychischem Wohlbefinden und Rollenbildern konnte ein Team vom Marktforschungsinstitut Kantar die Antworten von mehr als 2.000 Männern und gut 1.000 Frauen im Alter von 16 bis 28 Jahren auswerten.
Die Ergebnisse deuten auf einen Wandel hin: Nur noch knapp jeder vierte unter den 2.115 jungen Befragten hänge dem „alten, eingefrorenen Muster“ eines dominant-maskulinen Rollenbildes an, erläuterte die Studienleiterin Sabine Wolfert von Kantar. Diese Männer müssen laut Analyse am ehesten mit starken Gesundheitsbelastungen rechnen, da sie wenig auf ihren Körper und ihre psychische Belastung achteten.
Jeder dritte junge Mann trinkt regelmäßig Alkohol, bei den Frauen jede fünfte. Beim Tabakkonsum haben die jungen Frauen aufgeholt und geben eine vergleichbare Häufigkeit an: knapp 70 Prozent der Männer und Frauen haben im vergangenen Jahr gar nicht geraucht. Je älter die Befragten waren, desto häufiger rauchten sie.
Männer und Frauen legen unterschiedliche Präferenzen
Genderunterschiede stellten die Autoren der Onlinebefragung bei der gesundheitlichen Selbstfürsorge fest. Frauen gaben eher an, auf eine gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf wertzulegten (51 versus 43 Prozent und 50 versus 45 Prozent). Männer hatten einen geringfügigen Vorsprung beim Sport und Ausgleich in Stresszeiten (38 versus 35 Prozent und 38 versus 30 Prozent).
Dabei liegt die Motivation, Sport zu treiben, bei Männern vor allem im Spaß und Miteinander mit Freunden. Frauen gaben eher pragmatische Gründe an: Sie wollen sich gesund und fit fühlen, gut aussehen und Stress abbauen.
Die größte Abweichung bei der Selbstfürsorge zeichnete sich beim Medienkonsum ab. Einundzwanzig Prozent der Männer bestätigten die Aussage: „Ab und zu zocke ich die ganze Nacht am Bildschirm und bin am nächsten Tag völlig gerädert.“ Bei den Frauen waren es nur acht Prozent.
Beim Blick auf die gesamte männliche Bevölkerung bemängelte die Stiftung Männergesundheit, dass Gesundheit für viele noch immer eine untergeordnete Rolle spiele. Dabei kämen etwa doppelt so viele Männer wie Frauen durch Lungenkrebs ums Leben. Und es sei davon auszugehen, dass Deutschland den europaweit höchsten Anteil an depressiven Männern habe. Etwa 62 Prozent aller Männer seien übergewichtig.
Lebenserwartungen von Männern und Frauen nähern sich an
Der Urologe Miller zieht aus den Ergebnissen des Männergesundheitsberichts ein positives Fazit für die junge Generation: „Eigentlich stehen die jungen Männer nicht so schlecht da, was das allgemeine Gesundheitsverhalten angeht.“ Derzeitig hätten Frauen eine um 4,8 Jahre längere Lebenserwartung, erläuterte Miller.
„Im Jahr 2060 bleiben laut einer Hochrechnung nur noch 3,4 Jahre Unterschied übrig.“ Der Urologe erklärt sich diesen Trend damit, dass Frauen bei den ungesunden Verhaltensweisen aufholen, etwa beim Rauchen.
Warum Männer eine geringere Lebenserwartung haben, gibt es laut dem Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit (DGMG), Frank Sommer, viele Theorien, die sich oft auf die Genetik und äußere Einflussfaktoren bezögen, erläutert Experte Sommer.
Zur Genetik: Auf dem Y-Chromosom des Mannes - Frauen besitzen zwei X-Chromosomen, Männer hingegen X und Y - sind deutlich weniger genetische Informationen kodiert als auf dem X-Chromosom. Wenn das X-Chromosom des Mannes einen Schaden habe, könne das Y-Chromosom daher nicht alle Funktionen übernehmen.
Im Gegensatz zum vielzitierten Klischee, Männer seien das stärkere Geschlecht, betonte Sommer: „Wir Männer sind aus gesundheitlicher Sicht wirklich das schwächere Geschlecht.
Zudem seien Männer immer noch „Vorsorgemuffel“, so Sommer. Untersuchungen der DGMG zeigen, dass gut 59 Prozent aller Frauen, aber nur 22 Prozent aller Männer eine Vorsorgeuntersuchung wahrnehmen. Langzeitstudien deuteten aber darauf hin, dass allmählich mehr Männer zur Vorsorge gehen. Das sei ein langsamer, aber stetiger Trend.
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