Mehr Fehler bei minimalinvasiven Eingriffen unter Zeitdruck

Dresden – Zeitdruck führt bei minimalinvasiven operativen Eingriffen zu einer erhöhten Fehlerrate – auch bei erfahrenen Operateuren. Das berichtet eine Dresdener Arbeitsgruppe im International Journal of Surgery (2022; DOI: 10.1016/j.ijsu.2022.106813).
Die Wissenschaftler schlossen 63 Operateure in die Studie ein: 43 Medizinstudierende, die zuvor ein bestimmtes Trainingslevel für minimalinvasive Operationstechniken erreicht hatten, sowie 20 in Schlüssellochoperationen erfahrene Chirurgen.
Die Forscher erfassten die bei der OP ausgeübte mittlere und maximale Kraft sowie das Auftreten von Fehlern bei vier für das Training minimalinvasiver Operationen typischen Aufgaben.
Die Aufgaben wurden an einer Trainingsbox ausgeführt, zunächst ohne Zeitvorgabe und zu einem späteren Zeitpunkt unter der Maßgabe, die zuvor individuell benötigte Zeit um mindestens zehn Prozent zu unterschreiten.
Bei der Ausführung der Aufgaben unter Zeitdruck zeigte sich bei allen Operateuren ein signifikanter Anstieg bei der mittleren und maximalen Kraftaufwendung. Dieser Anstieg war bei den erfahrenen Operateuren bei zwei von vier Aufgaben messbar, bei den Studierenden bei allen vier Aufgaben (mittlere Kraft), beziehungsweise bei drei von vier Aufgaben (maximale Kraft).
„Die ausgeübte Kraft, besonders die maximale Kraft, ist ein wichtiges Qualitätskriterium für chirurgische Eingriffe. Wird zu viel Kraft ausgeübt, kann das Gewebe geschädigt werden, mit zum Teil gravierenden Folgen für den Patienten“, ordnet Marius Distler die Ergebnisse ein. Er ist stellvertretender Direktor der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie (VTG) des Universitätsklinikums Dresden.
Als zweites Qualitätskriterium wurde das Auftreten bestimmter vordefinierter Fehler untersucht. Dabei zeigte sich bei den Studierenden wie bei den erfahrenen Chirurginnen und Chirurgen eine deutliche Zunahme der Fehlerrate beim Ausführen einer präzisen Naht. Unter Zeitdruck stieg die Zahl der Fehler von sechs auf 43.
Alle Teilnehmer gaben über Fragebögen vor und nach der Studien-OP Auskunft über das selbst empfundene Stresslevel. Hierbei war das persönliche Stressempfinden bei den Studierenden nach Ausführung der Aufgaben unter Zeitdruck deutlich erhöht, während die erfahrenen Chirurginnen und Chirurgen keine wesentlichen Unterschiede vermerkten.
„Dies gibt zumindest einen Hinweis darauf, dass die Selbsteinschätzung erfahrener Chirurginnen und Chirurgen hinsichtlich der Auswirkung von zeitbedingtem Stress auf ihre chirurgischen Fähigkeiten nicht immer zutreffend ist“, sagte Felix von Bechtolsheim, Erstautor der Studie und Arzt an der VTG-Klinik.
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