Vermischtes

Mögliche Pandemiefolge: Geburtenrate in manchen Ländern gesunken

  • Dienstag, 31. August 2021
Viele Hebammen betreuen Familien im Anschluss an die Geburt auch zuhause weiter. /picture alliance; Waltraud Grubitzsch
Viele Hebammen betreuen Familien im Anschluss an die Geburt auch zuhause weiter. /picture alliance; Waltraud Grubitzsch

Mailand – In einigen Ländern sind einer Analyse zufolge im Zuge der Coronapandemie womöglich die Geburtenraten merklich gesunken. Dies gelte unter anderem für Italien, Ungarn und Spanien, berichten Forschende im Fachmagazin Proceedings (DOI: 10.1073/pnas.2105709118) der US-nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS). In Ländern wie Deutschland, Norwegen, Schweden und der Schweiz sei die Geburtenrate hingegen gleich geblieben oder sogar leicht gestiegen.

Die Wissenschaftler um Arnstein Aassve von der Wirtschaftsuniversität Luigi Bocconi Mailand hatten für 22 Länder mit hohem Einkommen die monatlichen Geburtendaten analysiert. Für die Monate von No­vember 2020 – also etwa neun Monate nach Beginn der Pandemie – bis März 2021 glichen sie die Werte mit denen der gleichen Monate ein Jahr zuvor ab, zudem wurden Modelle zur Berücksichtigung der Saisonalität und langfristiger Trends einbezogen.

Die Geburtenrate sank der Analyse zufolge in Italien um 9,1 Prozent, in Ungarn um 8,5, in Spanien um 8,4 und in Portugal um 6,6 Prozent. Auch für Belgien, Österreich und Singapur habe die Berechnung einen merklichen Rückgang ergeben. Insgesamt sei in sieben von 22 untersuchten Ländern ein deutli­cher, wohl auf die Coronakrise zurückzuführender Rückgang festzustellen.

Es handle sich allerdings um vorläufige Ergebnisse, die erst noch bestätigt werden müssten, so die For­schenden. Zudem böten die derzeit verfügbaren Daten lediglich Informationen zu den Entscheidungen von Paaren in der ersten Coronawelle, eine Einschätzung über den weiteren Verlauf sei noch nicht mög­lich. Nach ihrer Vermutung werde der Rückgang in der Gesamtschau der Pandemie noch viel deutlicher ausfallen.

Für Deutschland hatte das Statistische Bundesamt erst kürzlich von einer bisher unauffälligen Entwick­lung gesprochen. Nachdem im März noch ein Plus von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr registriert wurde, verliefen die Monate danach ohne deutlichen Anstieg. Mit rund 315.000 Babys stieg die Zahl der Neugeborenen von Januar bis Mai 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,4 Prozent.

Veränderungen der Geburtenraten um einige Prozent von Jahr zu Jahr lägen im Bereich der üblichen Schwankungen, hatte der Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte, Christian Albring, erklärt. Aus den Daten lasse sich kein Zusammenhang mit der Pandemie und den Lockdownphasen ableiten.

Deutliche Folgen gibt es wohl in ärmeren Ländern. Experten der Weltbank waren zu dem Schluss ge­kommen, dass der Wirtschaftsabschwung im Zuge der Coronakrise im vergangenen Jahr den Tod von mehr als 260.000 Babys vor allem in ärmeren Ländern der Welt zur Folge hatte.

Zugrunde liegen der kürzlich im Fachmagazin BMJ Open vorgestellten Modellierungsstudie zufolge Me­chanismen wie schlechtere Pflege und Ernährung in verarmenden Haushalten. Auch ein eingeschränkter Zugang und eine schwindende Qualität bei Gesundheitsdiensten im Zuge der Wirtschaftskrise seien ein Faktor.

Die Zahl in Armut lebender Menschen stieg demnach im vergangenen Jahr um rund 120 Millionen. In den 128 untersuchten Ländern mit mittleren und niedrigen Durchschnittseinkommen seien rund 267.000 bis zu zwölf Monate alte Kinder infolge des coronabedingten Wirtschaftsabschwungs gestorben – und damit rund sieben Prozent mehr als im Mittel der Vorjahre. Mit mehr als einem Drittel der zusätzlichen Todesfälle entfielen die weitaus meisten auf Indien.

dpa

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