Pharma und Biotechnologie stark vom Ausland abhängig

Berlin – Deutschland sollte in der Arzneimittelforschung und -produktion unabhängiger von Anbietern aus dem Ausland werden. Das empfiehlt eine Arbeitsgruppe des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI). Sie hat im Auftrag des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) eine Studie zum Thema erstellt.
Die Autoren haben darin die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit des Standorts anhand von Publikationen und Patenten untersucht und internationale Verflechtungen bei der Wissenschaft und in den Produktions- und Handelsstrukturen analysiert.
Danach sind Deutschlands Voraussetzungen gut, eine globale führende Rolle als innovationsstarker und hochproduktiver Pharmastandort einzunehmen.
Allerdings gingen Länder wie die USA und China bei der Entwicklung wichtiger Schlüsseltechnologien mit deutlich höherem Tempo voran als Deutschland und investierten große Summen in ihre technologischen Kapazitäten. Deutschland laufe daher Gefahr, den Anschluss an die globale Spitze zu verlieren, wenn Rahmenbedingungen nicht deutlich besser würden.
„Die Ergebnisse der Fraunhoferstudie zeigen eindrucksvoll, dass wir uns in Deutschland nicht auf den Erfolgen während der Coronakrise ausruhen können: Noch haben wir Tuchfühlung in den Spitzentechnologien. Das wird sich allerdings sehr schnell ändern, wenn wir jetzt nicht gegensteuern“, sagte vfa-Präsident Han Steutel.
Der Analyse zufolge ist Deutschland in den fünf Technologiefeldern Gen-/Zelltherapien, RNA-Technologie, Biologika, Small Molecules und Impfstoffe nicht ausreichend souverän aufgestellt. „In keinem der analysierten Technikfelder erreicht Deutschland eine international führende Wettbewerbsposition. Überwiegend ist die Positionierung durchschnittlich“, heißt es in dem Report.
Deutschland könne in keinem der betrachteten Technikfelder „wirksam Handlungsautonomie entfalten und zukunftsorientiert Märkte gestalten“, so die Autoren. „Wir dürfen nicht erpressbar werden in der Versorgung der Bevölkerung und müssen sicherstellen, dass uns die Schlüsseltechnologien von morgen jederzeit zur Verfügung stehen“, forderte Steutel.
Wichtig sei, die Digitalisierung voranzubringen, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und wissenschaftliche Ergebnisse schneller in die Versorgung zu bringen. „Wir müssen an Dynamik gewinnen. Es geht um die Technologiemärkte der Zukunft“, sagte der vfa-Präsident.
Steutel lobte in diesem Zusammenhang die von der Bundesregierung beschlossene Pharmastrategie. „Eine Politik aus einem Guss ist eine große Chance, die Standortbedingungen für die Schlüsselindustrie Pharma schnell und grundlegend zu verbessern“, so Steutel.
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