Bundeskabinett beschließt Pharmastrategie

Berlin – Das Bundeskabinett hat heute einen Aktionsplan verabschiedet, um Deutschland als Standort für die Pharmaindustrie attraktiver zu machen. Das Vorhaben solle die Rahmenbedingung für die Herstellung und Entwicklung von Arzneimitteln verbessern, die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorantreiben und Anreize für die Ansiedlung von Produktionsstätten in Deutschland setzen, teilte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit.
Deutschland wolle „im Wettbewerb der Wissenschaft international wieder ganz oben mitspielen“, erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in einer Mitteilung. Bei der Mitgliederversammlung des GKV-Spitzenverbandes erklärte der Minister, die Strategie sei eigentlich mehr als das, da sie viele weitere Bereiche betreffe. Auch in der Digitalisierung wolle man mit der Strategie noch einmal einen weiteren Schritt voran kommen. „Wir sind hier sehr ehrgeizig auf dem Weg", so Lauterbach.
Der Aktionsplan sieht vor, dass die Bundesregierung neue Förderinstrumente prüft, um den Aufbau neuer Produktionsstätten zu unterstützen. Die Entwicklung von knappen Medikamenten – etwa Antibiotika oder Arzneimittel für seltene Erkrankungen – soll besonders gefördert werden. Zudem soll am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine neue Bundesethikkommission eingerichtet werden, die rasch über wichtige Forschungsanträge entscheidet. Dies wurde unter anderem seitens mehrerer Ärztekammern scharf kritisiert.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärte zur Verabschiedung der Strategie: „Unser Anspruch ist es, unser Land wieder zu einem attraktiven Standort für Forschung, Entwicklung und Produktion von Arzneimitteln zu machen.“ Der Aktionsplan solle „zur medizinischen und gesundheitlichen Souveränität unseres Landes beitragen“.
Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) betonte, die Industrie solle „forschungs- und innovationsfreundliche Rahmenbedingungen schaffen und bürokratische Hürden abbauen.“ Sie fügte hinzu: „Nur so kann der Pharmastandort Deutschland langfristig erfolgreich bleiben.“
In dem nun verabschiedeten Strategiepapier heißt es, dass in den vergangenen Jahren „der Forschungs- und Entwicklungsstandort Deutschland im internationalen Bereich an Attraktivität verloren“ habe. Die Globalisierung und starker Kostendruck hätten „bei einer Vielzahl von Wirkstoffen und Arzneimitteln bereits zu einer Abwanderung“ der Produktion geführt.
Im Jahr 2020 seien bereits 60 Prozent der Wirkstoffe zugelassener Arzneimittel in Asien produziert worden, heißt es in dem Dokument weiter. 20 Jahre zuvor seien es nur 30 Prozent gewesen. „Diese Entwicklung birgt das Risiko von strategischen Abhängigkeiten und steigert die Gefahr von Lieferkettenunterbrechungen und somit das Risiko von Liefer- und Versorgungsengpässen.“ Die neue Strategie solle dieser Entwicklung entgegenwirken.
Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) begrüßte die vorgelegte Strategie. „Solch ein integriertes Konzept eröffnet nicht nur den Rahmen, die schleichende Abwanderung einer innovationsstarken Industrie zu stoppen, sondern zugleich Impulse für große Investitionsentscheidungen zu geben und Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Standorten auszubauen“, sagte vfa-Präsident Han Steutel.
In vielen Bereichen würden wichtige und seit Jahren vorgetragene Anliegen der Industrie aufgegriffen. Notwednig sei aber auch eine „Weiterentwicklung der Erstattungsregeln und Korrektur innovationsfeindlicher Entscheidungen aus dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz im vergangenen Jahr“, so Steutel.
Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH), Hubertus Cranz, betonte, nun müssten konkrete Schritte folgen und vor allem neue Belastungen vermieden werden.
Das Umfeld für die Pharmabranche habe sich in den vergangenen Jahren eher verschlechtert, so Cranz. Vor allem die neuen sogenannten AMNOG-Leitplanken schädigten in Verbindung mit dem Kombinationsabschlag das Investitionsklima in Deutschland.
„Besonders wichtig ist die Verhinderung weiterer Belastungen durch neue europäische Gesetzgebung. Die Revision der kommunalen Abwasserrichtline aber auch manche Vorschläge für die neue EU-Arzneimittelgesetzgebung bedrohen die Leistungsfähigkeit der Arzneimittel-Hersteller. Ohne Korrekturen daran werden an sich begrüßenswerte Ankündigungen zum Bürokratieabbau keine Wirkung haben,“ warnte Cranz.
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