Polizei darf HIV-positiven Bewerber nicht einfach ablehnen

Hannover – Die niedersächsische Polizeiakademie darf einem Gerichtsbeschluss zufolge einen mit antiretroviralen Medikamenten erfolgreich behandelten Bewerber mit HIV-Infektion nicht einfach ablehnen. Das Verwaltungsgericht in Hannover gab der Klage des Manns gestern statt und verpflichtete die Behörde dazu, mit Blick auf diese Rechtsauffassung noch einmal neu über seine Eignung für eine Ausbildung zu entscheiden.
Nach eigenen Angaben folgte die Kammer dabei der Auffassung eines Sachverständigen der Medizinischen Hochschule Hannover, wonach von dem Kläger weder eine Gefahr für Kollegen und Bürger ausgehe noch das Risiko einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit bestehe.
Antiretrovirale Medikamente könnten die Viruszahl im Blut von HIV-Infizierten bei einer entsprechenden Therapie derart senken, dass sie ständig und dauerhaft unter der Nachweisgrenze bleibt. Beim Kläger ist dies laut Gerichtsangaben nachgewiesenermaßen seit Jahren der Fall. Aussagen trafen die Richter dabei nur für den Einzelfall, nicht für andere HIV-Infizierte.
Die niedersächsische Polizeiakademie hatte ihn demnach aber als Bewerber abgelehnt, weil trotzdem HIV-Viren in dessen Blut vorhanden seien und deshalb im Rahmen von Einsätzen mit Verletzungen ein Infektionsrisiko für Dritte bestehe. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung ließ das Gericht eine Berufung beim niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zu. Beide Parteien hätten dies für den Fall einer erstinstanzlichen Niederlage in dem Verfahren auch vorab ausdrücklich beantragt, teilte es weiter mit.
Die Deutsche Aidshilfe (DAH) zeigte sich heute erfreut über das Urteil. Diese mache „unmissverständlich deutlich“, dass die Benachteiligung HIV-positiver Menschen in Bewerbungsverfahren unzulässig sei, sagte Ulf Kristal vom DAH-Vorstand. Das müssten nun alle Bundesländer akzeptieren und den ungerechtfertigten Ausschluss HIV-positiver Menschen vom Polizeidienst beenden.
Kristal betonte, nicht von Menschen mit HIV gehe eine Gefahr aus, sondern von falschen Vorstellungen bezüglich der Übertragbarkeit und Diskriminierung. „Stigmatisierung trägt zu Tabus bei und schreckt viele Menschen vom HIV-Test ab – und damit von einer wirksamen Behandlung.“
Kristal forderte das Land Niedersachen auf, das Urteil zu akzeptieren. „Auch in der nächsten Instanz gelten wissenschaftliche Tatsachen. Irrationale Übertragungsängste zu schüren, schadet hingegen Menschen mit HIV ebenso wie der HIV-Prävention“, sagte er. Das Verfahrens weiter zu betreiben würde eine „völlig falsche Botschaft vermitteln“.
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