Vermischtes

Polizei darf HIV-positiven Bewerber nicht einfach ablehnen

  • Freitag, 19. Juli 2019
/picture alliance, Julian Stratenschulte
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Hannover – Die niedersächsische Polizeiakademie darf einem Gerichtsbeschluss zu­folge einen mit antiretroviralen Medikamenten erfolgreich behandelten Bewerber mit HIV-Infektion nicht einfach ablehnen. Das Verwaltungsgericht in Hannover gab der Klage des Manns gestern statt und ver­pflichtete die Behörde dazu, mit Blick auf diese Rechtsauffassung noch einmal neu über seine Eignung für eine Ausbildung zu ent­scheiden.

Nach eigenen Angaben folgte die Kammer dabei der Auffassung eines Sachverständi­gen der Medizinischen Hochschule Hannover, wonach von dem Kläger weder eine Ge­fahr für Kollegen und Bürger ausgehe noch das Risiko einer vorzeitigen Dienstun­fähigkeit bestehe.

Antiretrovirale Medikamente könnten die Viruszahl im Blut von HIV-Infizierten bei einer entsprechenden Therapie derart senken, dass sie ständig und dauerhaft unter der Nachweisgrenze bleibt. Beim Kläger ist dies laut Gerichtsangaben nachgewiesener­maßen seit Jahren der Fall. Aussagen trafen die Richter dabei nur für den Einzelfall, nicht für andere HIV-Infizierte.

Die niedersächsische Polizeiakademie hatte ihn demnach aber als Bewerber abge­lehnt, weil trotzdem HIV-Viren in dessen Blut vorhanden seien und deshalb im Rah­men von Einsätzen mit Verletzungen ein Infektionsrisiko für Dritte bestehe. Die Ent­scheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung ließ das Gericht eine Berufung beim nieder­säch­sischen Oberverwaltungsgericht zu. Beide Parteien hätten dies für den Fall einer erstinstanzlichen Niederlage in dem Verfahren auch vorab ausdrücklich beantragt, teilte es weiter mit.

Die Deutsche Aidshilfe (DAH) zeigte sich heute erfreut über das Urteil. Diese mache „unmiss­verständlich deutlich“, dass die Benachteiligung HIV-positiver Menschen in Bewer­bungs­­verfahren unzulässig sei, sagte Ulf Kristal vom DAH-Vorstand. Das müss­ten nun alle Bundesländer akzeptieren und den ungerechtfertigten Ausschluss HIV-positiver Menschen vom Polizeidienst beenden.

Kristal betonte, nicht von Menschen mit HIV gehe eine Gefahr aus, sondern von fal­schen Vorstellungen bezüglich der Übertragbarkeit und Diskriminierung. „Stigmati­sie­rung trägt zu Tabus bei und schreckt viele Menschen vom HIV-Test ab – und damit von einer wirksamen Behandlung.“

Kristal forderte das Land Niedersachen auf, das Urteil zu akzeptieren. „Auch in der nächsten Instanz gelten wissenschaftliche Tatsachen. Irrationale Übertragungsängste zu schüren, schadet hingegen Menschen mit HIV ebenso wie der HIV-Prävention“, sagte er. Das Verfahrens weiter zu betreiben würde eine „völlig falsche Botschaft ver­mitteln“.

afp

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