Post und Long COVID: Weniger Krankschreibungen, lange Fehlzeiten

Berlin – Im vergangenen Jahr haben sich deutlich weniger Menschen in Deutschland nach einer akuten COVID-19-Infektion wegen Post oder Long COVID oder wegen eines chronischen Erschöpfungssyndroms (CFS) krankgemeldet. Die Betroffenen hatten aber weiterhin sehr lange Fehlzeiten. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).
Der Auswertung zufolge wurden zwischen März 2020 und Dezember 2023 36,5 Prozent der durchgehend erwerbstätigen AOK-Versicherten mindestens einmal aufgrund einer akuten COVID-19-Erkrankung arbeitsunfähig geschrieben. 1,8 Prozent (n = 126.154) aller AOK-versicherten Beschäftigten erhielten mindestens eine Krankschreibung wegen Long COVID, Post COVID oder wegen eines CFS.
Eine genauere Analyse dieser Patientengruppe zeigt: Von denen zuvor wegen einer akuten Coronaerkrankung krankgeschriebenen Beschäftigten waren 3,3 Prozent mindestens einmal wegen einer der genannten Spätfolgen arbeitsunfähig. Bei 31.948 Versicherten mit einer Post-COVID-Diagnose und 9.455 Versicherte mit einer CFS-Diagnose war vorab keine akute COVID-19-Erkrankung dokumentiert worden.
Die Betroffenen sind weiterhin sehr lange krankgeschrieben: So lag die Dauer der Arbeitsunfähigkeit bei Long-COVID-Erkrankungen im Durchschnitt bei 36,6 Tagen je Arbeitsunfähigkeitsfall – ohne die Dauer der akuten Infektion. Bei Post-COVID-Erkrankungen waren es 31,7 Tage je Fall, bei CFS 29,9 Tage je Fall.
Die Ergebnisse des WIdO zeigen außerdem, dass ältere Beschäftigte häufiger wegen der Spätfolgen einer COVID-19-Infektion ausfallen, als dies im Vergleich zu allen anderen Erkrankungen zu erwarten ist. So entfallen beispielsweise mehr als 44 Prozent aller Long-COVID-Fälle auf die Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei den Post-COVID-Erkrankungen und beim CFS.
Die Analyse der Entwicklung im Zeitverlauf zeigt aber einen positiven Trend: So wurden zuletzt deutlich weniger Menschen wegen Post COVID, Long COVID oder CFS krankgeschrieben als in den Jahren 2021 und 2022. Der Spitzenwert des vergangenen Jahres wurde mit 202 Betroffenen je 100.000 AOK-versicherte Beschäftigte bereits im Januar 2023 erreicht.
Die Zahl der Betroffenen sank im weiteren Jahresverlauf kontinuierlich bis auf 110 je 100.000 Beschäftigte im Dezember 2023. Zum Vergleich: Im März 2022 wurde der Spitzenwert von 416 erwerbstätigen AOK-Versicherten je 100.000 Beschäftigte verzeichnet.
Wie frühere Auswertungen zeigt auch die aktuelle Analyse des WIdO, dass akute COVID-19-Infektionen und deren Spätfolgen am häufigsten unter Beschäftigten in Sozial- und Gesundheitsberufen diagnostiziert wurden.
Krankschreibungen aufgrund von Long COVID, Post COVID oder CFS kamen bei Berufen in der Ergotherapie mit 3,5 Prozent am häufigsten vor. „Die vielen sozialen Kontakte in diesen Berufen dürften der Hauptgrund dafür sein, dass Sozial- und Gesundheitsberufe besonders häufig betroffen waren“, sagte der WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder.
Der Frauenanteil ist in den Berufen, die von Krankschreibungen im Zusammenhang mit COVID-19 betroffen sind, besonders hoch: Er reicht von 77 Prozent in der Physiotherapie bis zu 91,6 Prozent in der Kinderbetreuung und -erziehung. „Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass sich deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede bei den beruflichen Fehlzeiten in der Pandemie zeigen“, so Schröder.
So waren von akuten COVID-19-Infektionen 40,5 Prozent der Frauen aber nur 33,1 Prozent der Männer betroffen. Noch deutlichere Geschlechtsunterschiede zeigten sich bei den Spätfolgen: So waren 0,9 Prozent aller berufstätigen durchgehend AOK-versicherten Frauen im Beobachtungszeitraum mindestens einmal aufgrund einer Long-COVID-Diagnose arbeitsunfähig geschrieben, während dies nur auf 0,6 Prozent aller Männer zutraf – ein Unterschied von 49,1 Prozent.
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