Report: Bis zu 1,3 Millionen Klinikaufenthalte von Pflegebedürftigen vermeidbar

Berlin – Bis zu 1,3 Millionen Krankenhausaufenthalte von Pflegebedürftigen wären jedes Jahr vermeidbar, wenn diese eine frühere und bessere Versorgung erhalten würden. Zu diesem Ergebnis kommt der diesjährige Pflegereport der Krankenkasse Barmer.
„Insbesondere chronisch Kranke und Pflegebedürftige werden oft weder ambulant noch stationär bestmöglich versorgt“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Barmer, Christoph Straub, heute bei der Vorstellung des Reports in Berlin. „Um das zu ändern, brauchen wir dringend neue, effizientere Versorgungsstrukturen.“
Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen könnten demnach verschiedene Gesundheitsberufe, Arztpraxen und Pflegedienste vereinen. So könnten vor allem Menschen in dünn besiedelten Gebieten besser und wohnortnäher versorgt sowie stationäre Aufenthalte vermieden werden, erklärte Straub.
Laut der Studie waren knapp ein Viertel aller Krankenhauspatienten im vergangenen Jahr bereits vor der Aufnahme in die Klinik pflegebedürftig. Dabei habe es sich oft um Fälle gehandelt, die unter besseren medizinischen Bedingungen von der Hausarztpraxis oder im Pflegeheim behandelt werden könnten.
So wurden dem Report zufolge zwischen 2017 und 2022 monatlich im Schnitt rund 280.000 pflegebedürftige und kurz vor der Pflegebedürftigkeit stehende Patienten in einem Krankenhaus behandelt. Allein im Jahr 2022 seien insgesamt 1,11 Millionen Menschen pflegebedürftig geworden und jede vierte Pflegeinzidenz mit einem Krankenhausaufenthalt verbunden gewesen.
Dabei habe es sich häufig um Fälle gehandelt, die unter besseren medizinischen Bedingungen von einem Hausarzt oder im Pflegeheim behandelt werden könnten.
Dazu zählen Herzinsuffizienz mit monatlich rund 15.900 Krankenhausfällen und Diabetes mellitus mit etwa 4.000 Fällen. „Bei einer gezielteren Versorgung im Vorfeld müssten Pflegebedürftige mit entsprechenden Erkrankungen meist gar nicht erst in ein Krankenhaus“, erklärte Studienautor Heinz Rothgang von der Universität Bremen. „Dafür müssen aber die Rahmenbedingungen stimmen.“
Daher brauche es auch einen Ausbau der Kurzzeitpflege. Denn Krankenhausaufenthalte verlängerten sich deutlich, wenn die Pflege danach erst organisiert werden müsse. Wer bereits pflegebedürftig ins Krankenhaus komme, müsse dort mit bis zu 2,7 Tagen mehr Liegezeit rechnen, erklärte Rothgang.
Der stationäre Aufenthalt verlängere sich sogar um mehr als sechs Tage, wenn ihm eine Kurzzeitpflege folge, erklärte Rothgang: „Krankenhausaufenthalte verlängern sich deutlich, wenn die Pflege danach erst organisiert werden muss. Deshalb ist die Kurzzeitpflege so wichtig.“ Sie helfe insbesondere dabei, die Zeit bis zum Wechsel in ein Arrangement mit einem höheren Anteil formeller Pflege zu überbrücken.
Deshalb sollten die Länder den Ausbau der Kurzzeitpflege stärker fördern, um die Angehörigen bei Bedarf zu entlasten. Allgemein müsse die Politik in Bund, Ländern und Kommunen die Angehörigen Pflegebedürftiger besser unterstützen.
Zudem müsse auch der Pflegeberuf aufgewertet werden. Bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld allein würden den enormen Fachkräftemangel nicht beheben. „Der Pflegeberuf muss hingegen nachhaltig aufgewertet werden. Gut ausgebildete Pflegekräfte könnten ärztliche Leistungen übernehmen, wo es sinnvoll und möglich ist“, sagte Straub.
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