Vermischtes

Schlappe für das BMG: Arbeitsgericht stellt Betriebsübergang bei Stiftung UPD fest

  • Mittwoch, 3. September 2025
/3dkombinat, stock.adobe.com
/3dkombinat, stock.adobe.com

Berlin – Bei der Abwicklung der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) gGmbH und der Neugründung der Stiftung Unabhängige Patientenberatung Deutschland (Stiftung UPD) handelt es sich arbeitsrechtlich um einen Betriebsübergang. Das hat zumindest die 42. Kammer des Arbeitsgerichts Berlin in einem erstinstanzlichen Urteil entschieden (Az.: 42 Ca 11272/23).

Die 42. Kammer hat mit dem Urteil einer Mitarbeiterin der UPD gGmbH Recht gegeben. Ihr war, wie allen Beschäftigten der UPD gGmbH gekündigt worden, weil das Unternehmen abgewickelt und nicht fortgeführt werden sollte. Allerdings sollte – das stand politisch bereits fest – eine Stiftung dieselben Aufgaben weiterführen.

Die Kündigung sei „nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse“ bedingt, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegengestanden hätten, heißt es in der schriftlichen Urteilsbegründung, die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. Es liege „keine Betriebsstillegung, sondern ein Betriebsübergang“ vor.

Die 42. Kammer begründet diese Sichtweise unter anderem damit, dass eine Weiterführung der Tätigkeiten abzusehen gewesen sei. Darüber hinaus seien maßgebliche Bestandteile, vor allem der immateriellen Güter, der alten UPD gGmbH auf die neue Stiftung UPD übergegangen.

Eine „entscheidende Bedeutung“ sei zudem der Ähnlichkeit der verrichteten Tätigkeiten zugekommen, schreibt das Gericht. Das ergebe sich bereits aus der Definition der Tätigkeiten in Paragraf 65b Sozialgesetzbuch (SGB) V alter und neuer Fassung, „die insoweit in der kostenfreien Information und Beratung von Patientinnen und Patienten in gesundheitlichen und gesundheitsrechtlichen Fragen identisch bleibt“.

„Dabei war für die Kammer von untergeordneter Bedeutung, dass die Organisationsstrukturen sich im Einzelnen mit der Errichtung der Stiftung möglicherweise geändert haben. Denn im Kern bleiben die Aufgabe und Tätigkeit von Veräußerer und Erwerber bereits nach dem gesetzlichen Auftrag identisch“, heißt es weiter.

Letztlich sah das Gericht es auch als bedeutend an, dass mittlerweile Teile der Belegschaft übernommen worden sind. Zudem habe der Vorstand der UPD mit E-Mail vom 29. Januar 2024 um Bewerbungen der ehemaligen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geworben.

Auch die Unterbrechung der Beratung der UPD sieht das Gericht nicht als Grund für eine Betriebsstillegung an. Eine Unterbrechung von nur wenigen Monaten sei „nicht geeignet, auszuschließen, dass ein Betriebsübergang“ vorliege.

Dabei sei zu beachten, dass aufgrund der gesetzlichen Wertung des Paragrafen 65b Absatz 1 Satz 3 SGB V eine Aufnahme der Beratungstätigkeit bereits zum 1. Januar 2024 vorgesehen gewesen sei. „Auch wenn es sich nur um eine sogenannte Soll-Vorschrift handelt, war dennoch für den Zeitraum der Unterbrechung erkennbar, dass eine Tätigkeitsaufnahme zeitnah erfolgen möge.“

Weiterhin sei auch eine Überbrückung eines Zeitraumes von circa vier Monaten mit weiteren Vergütungszahlungen einem Arbeitgeber noch zumutbar. „Im Ergebnis sind die Voraussetzungen eines Betriebsüberganges im Sinne des Paragraf 613a Absatz 1 Satz 1 BGB damit gegeben.“

Zur Erinnerung: Die rot-grün-gelbe Ampelkoalition und der Bundestag hatten das Ausschreibungsmodell für die UPD im Jahr 2023 beendet und beschlossen, dass eine Stiftung die Aufgaben der UPD zum 1. Januar 2024 übernehmen soll.

Der Betriebsübergang war damals aber politisch nicht gewollt. Die Mitarbeiter sollten sich neu bewerben. Für diese Sichtweise hatte sich das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), das das Gesetz für die Stiftung UPD federführende aufgesetzt hatte, damals ausdrücklich eingesetzt und diese Sichtweise verteidigt.

Das BMG hatte darauf verwiesen, dass bereits in den Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP in den UPD-Eckpunk­ten vereinbart worden war, dass kein Betriebsübergang von der UPD gGmbH zur Stiftung UPD er­folgen sollte. Die damalige Staatssekretärin Sabine Dittmar (SPD) hatte betont, ein Betriebsübergang seitens des Gesetzgebers sei „bewusst nicht vorgesehen“ gewesen. Das Arbeitsgericht hat diese politische Sichtweise nun verworfen und juristisch anders bewertet.

Rechtsanwalt Stefan Pflug von Rechtsinformer Rechtsanwälte und sein Team, der die klagende Arbeitnehmerin vertrat, zeigten sich von dem Urteil erfreut. „Wir konnten trotz erheblichen politischen Gegenwinds erreichen, dass die Rechte der Beschäftigten gewahrt und die Vorgaben des europäischen und deutschen Arbeitsrechts durchgesetzt wurden“, sagte Pflug dem Deutschen Ärzteblatt. Man hab damit einen wichtigen Erfolg für die Belegschaft und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erzielt.

Das Urteil ist allerdings nicht das Ende des Rechtsstreits. Zwischenzeitlich wurden weitere Kündigungsschutzklagen bestätigt, aber auch welche abgewiesen. Derzeit sind noch grob ein Dutzend weiterer Verfahren beim Arbeitsgericht Berlin in unterschiedlichen Kammern anhängig.

Dass der Rechtsstreit in die nächste Instanz – zum Landesarbeitsgericht – geht, ist anzunehmen. Möglich ist auch eine endgültige Entscheidung erst vor dem Bundesarbeitsgericht.

may

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung