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Sterbehilfeverein: Erstmals Suizidbeihilfe für Heimbewohner

  • Donnerstag, 11. Juni 2020
/H_Ko, stock.adobe.com
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Hamburg/Zürich – Der vom früheren Hamburger Justizsenator Roger Kusch gegründete „Verein Sterbehilfe“ hat nach eigenen Angaben erstmals einem Senior in einem deutschen Altenheim zum Suizid verholfen.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht Ende Februar die geltenden Beschränkungen bei der Suizidbeihilfe aufgehoben hatte, habe die Leitung eines Altenheims in Norddeutsch­land ausdrücklich geduldet, dass der Verein einem 83-jährigen Mann Beihilfe zur Selbst­tötung leisten konnte.

„Vor wenigen Tagen haben wir den sehnlichsten Wunsch des Mannes erfüllt und ihn beim Suizid begleitet, in seinem Apartment, das seit vielen Jahren sein Zuhause war“, teilte der Verein heute mit.

Geschäftsführer Jakub Jaros forderte alle Alten- und Pflegeheime in Deutschland und de­ren Betriebsgesellschaften auf, ihre Hausordnungen so zu ergänzen, dass für Bewohner sowie für Suizidhelfende klar sei, dass „das Grundrecht auf Suizid und das Grundrecht auf Suizidhilfe gemäß dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 je­derzeit ausgeübt werden können“.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, kein Pflegeheimbetreiber in Deutschland könne dazu gezwungen werden, organisiertem Suizid Tür und Tor zu öffnen. „Das bleibt allein eine individuelle Entscheidung des Vertragsrechtes zwischen Bewohner und sta­tionärem Pflegedienst“, sagte Vorstand Eugen Brysch.

Darüber hinaus mahnte er die Politik, kommerzielle Selbstötungsanbieter strafrechtlich in den Blick zu nehmen. „Schließlich hat auch das Bundesverfassungsgericht deutlich ge­macht, dass der Gesetzgeber frei ist, hier Einhalt zu gebieten.“

Der Bundestag hatte 2015 insbesondere Sterbehilfevereinen das Handwerk legen wollen und deshalb die geschäftsmäßige Beihilfe zur Selbsttötung verboten. Dieses Gesetz wur­de vom Bundesverfassungsgericht Ende Februar für nichtig erklärt.

Aus Sicht der Richter leitet sich aus dem Grundgesetz ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben ab. Damit sei die Freiheit eingeschlossen, auch die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen.

Der Präsident der Bundes­ärzte­kammer (BÄK), Klaus Reinhardt, wies schon nach dem Ur­teilsspruch darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht zwar dem Selbstbestimmungs­recht am Ende des Lebens wei­ten Raum zugesprochen habe, es aber auch die Notwendig­keit für eine gesetzgeberische Regulierung der Beihilfe zur Selbsttötung sehe, da von ei­nem unregulierten Angebot ge­schäftsmäßiger Suizidhilfe Gefahren für die Selbstbe­stimmung ausgehen könnten.

kna

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