Unterernährung bei Kindern ein unterschätztes Problem

München – Unterernährung bei Kindern ist in Deutschland der Stiftung Kindergesundheit zufolge ein unterschätztes Problem. „Beim Stichwort Untergewicht denkt man unwillkürlich zuerst an die vielen Kinder in Entwicklungsländern, die unter Hunger und schlechten Lebensbedingungen leiden“, sagte Berthold Koletzko, Leiter der Abteilung Stoffwechsel- und Ernährungsmedizin der Universitäts-Kinderklinik München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit.
Dabei komme Untergewicht bei Kindern und Jugendlichen auch in Deutschland häufiger vor als meist angenommen. „Mit einem großen Unterschied: Das Untergewicht der Kinder in der Dritten Welt ist in aller Regel eine Folge von Armut und Unterernährung. Bei den Kindern hierzulande hat sie dagegen oft nichts mit einem Mangel an Nahrung zu tun: Sie ist häufig ein Begleitsymptom von länger dauernden oder chronischen Erkrankungen“, so Koletzko.
Daten der vergangenen zwanzig Jahre zeigten, dass jedes dritte bis vierte Kind in europäischen Krankenhäusern mäßig bis schwerwiegend mangelernährt sei, berichtete er. „Das ist ein Zustand, den wir Ärzte so nicht weiter hinnehmen dürfen“, so der Experte. Denn die Auswirkungen einer Mangelernährung seien bei Kindern noch gravierender als bei Erwachsenen.
Ein besonders hohes Risiko für einen schlechten Ernährungszustand haben laut der Stiftung Frühgeborene. Auch Kinder mit angeborenen Herzfehlern, einer Mukoviszidose und verschiedenen Magen- und Darmerkrankungen seien häufig betroffen.
Eine Mangelernährung in den ersten beiden Lebensjahren könne die Gehirnentwicklung und damit die intellektuelle Entfaltung behindern. Sie könne in den ersten fünf Lebensjahren zudem das Immunsystem schwächen. Weitere mögliche Konsequenzen seien Wachstumsstörungen, eine verzögerte Geschlechtsreife, eine verzögerte Wundheilung, verminderte Knochendichte und Muskelmasse sowie Kleinwuchs.
Die Stiftung Kindergesundheit tritt für eine Förderung der Aus- und Weiterbildung im Bereich der Ernährungsmedizin ein, um die Kompetenz von Studierenden der Medizin, Ärzten und Pflegekräften zu erhöhen.
Zudem sollten alle Kinder und Jugendliche in den kinderärztlichen Praxen und Kliniken in regelmäßigen Abständen gewogen und gemessen werden. Außerdem sollte der Verlauf der Erkrankung dokumentiert und in jedem Entlassungsbrief aus der Klinik Angaben zum Ernährungszustand des Kindes gemacht werden, hieß es aus der Stiftung.
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