Vermischtes

Verfassungs­beschwerde zur Organspende in Vorbereitung

  • Dienstag, 21. Mai 2024
/Maybaum
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Berlin − Das Bündnis Protransplant bereitet eine Verfassungsbeschwerde gegen bestehende Regelungen für die Organspende vor. Das kündigten die Initiative heute in Berlin an. Sie übte scharfe Kritik am deutschen Transplantationssystem und an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

„Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich verpflichtet, gesetzliche Rahmenbedingungen für eine Erhöhung der Zahl der Spenderorgane zu schaffen“, begründete Josef Franz Lindner, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Medizinrecht und Rechtsphilosophie der Universität Augsburg. Die Schutzpflicht werde verletzt, wenn die Maßnahmen gegen den Organmangel unzureichend seien.

Aus Sicht von Protransplant haben die Gesetzesänderungen in den Jahren 2019 und 2020 nicht zu einer Trend­wende bei der Zahl der Organtransplantationen geführt. Im ersten Quartal dieses Jahres sei die Zahl der Organspender vielmehr im Vergleich zum Vorjahr erneut um sechs Prozent eingebrochen. Eine ausreichende Maßnahme wäre daher etwa eine Widerspruchsregelung.

Lindner verwies darauf, dass es auch darüber hinaus eine Vielzahl zusätzlicher Möglichkeiten gäbe, die Situ­a­tion zu verbessern. Dazu ge­hör­ten die Erweiterung der Lebendspendeoptionen, die Spende nach Herztod und die Verbesserung der Struktu­ren in den Kliniken.

Protransplant-Sprecher Mario Rosa-Bian betonte, die Verfassungsbeschwerde sei die logische Konsequenz eines jahrzehntelangen politischen Versagens. Hinsichtlich der Widerspruchsregelung sei Deutschland ein Trittbrettfahrer im Verbund von Eurotransplant.

„Wir beziehen Organe aus Ländern, in denen die Widerspruchsregelung gilt – eine zentrale Maßnahme, die 2020 im deutschen Parlament keine Mehrheit fand“, sagte er. Er monierte, Karl Lauterbach befürworte diese zwar, wolle aber selbst nicht aktiv werden. Stattdessen verweise er „nebulös auf die ‚Mitte des Parlaments‘.“

Eine Verfassungsklage sei überfällig, betonte Rainer Blasczyk, Leiter des Instituts für Transfusionsmedizin und Transplantat Engineering an der Medizinischen Hochschule Hannover. Die Diskrepanz zwischen Deutschland und den Nachbarländern sei so groß, dass eine Verletzung der Schutzpflicht unübersehbar sei.

Zur Erinnerung: Die Wider­spruchslösung war im Januar 2020 von der Mehrheit des Bundestags abgelehnt worden. Stattdessen entschieden sich die Parlamentarier damals für eine sogenannte Zustimmungslösung. Diese fordert eine aus­drückliche Zustimmung des Spenders und sieht zugleich eine bessere Information der Bürger vor. Wer nach seinem Tod Organe spenden will, muss dem im Vorfeld aktiv zustimmen.

Stärken wollte der Gesetzgeber die Informationspflichten. Seit dem Jahr 2020 sollen alle Bürger mindestens alle zehn Jahre direkt auf das Thema Organ­spen­de beim Abholen oder Verlängern eines Personalausweises oder Passes angespro­chen werden.

Auf den Bürger­ämtern oder auch später zu Hause soll man freiwillig seine Ein­stellung zur Organ­spende in ein Onlineregister eintragen können. Dieses kam aber mit deutlicher Verspätung und steht erst seit wenigen Wochen bereit. Der Eintrag ist freiwillig und kostenfrei, er kann jederzeit geändert oder gelöscht werden, wie das Bundesgesundheitsministerium mitteilte.

may

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