WHO-Daten zeigen Anstieg problematischer Social-Media-Nutzung bei Jugendlichen

Kopenhagen – Immer mehr Jugendliche in Europa, Zentralasien und Kanada nutzen einer Umfrage zufolge zu häufig soziale Medien. Der Anteil Heranwachsender mit problematischer Nutzung stieg von sieben Prozent im Jahr 2018 auf elf Prozent (Deutschland: zehn Prozent) vier Jahre später, wie aus einer heute vorgestellten Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hervorgeht.
Es gebe Anlass zur Sorge: Das Nutzungsverhalten könne negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit junger Menschen haben, hieß es von der WHO.
Mädchen sind demnach eher gefährdet als Jungen. So wiesen 13 Prozent der Mädchen und neun Prozent der Jungen ein problematisches Nutzungsverhalten auf. Mehr als ein Drittel (36 Prozent) der jungen Menschen gab an, ständig online mit Freunden in Kontakt zu stehen.
Hinzu kämen Spiele an Computer, Smartphone und Konsole: Ein Drittel der Jugendlichen konsumiert der Studie zufolge täglich digitale Spiele. 22 Prozent der Befragten gaben an, an Spieletagen mindestens vier Stunden lang zu zocken. Insgesamt sind der Studie zufolge zwölf Prozent der Jugendlichen durch problematisches Spielverhalten gefährdet (Jungen 16 Prozent , Mädchen sieben Prozent).
Als problematisch stuft die WHO den Konsum von Social Media ein, wenn etwa der Wunsch nach immer mehr Nutzungszeit besteht, der Verzicht negative Gefühle auslöst oder es deshalb zu ernsthaften Auseinandersetzungen kommt. Insgesamt gibt es neun verschiedene Kriterien, von denen sechs erfüllt sein müssen.
Den nun vorgestellten Erkenntnissen liegt die Studie zum Gesundheitsverhalten von Kindern im schulpflichtigen Alter (HBSC-Studie) zugrunde, in deren Rahmen im Jahr 2022 fast 280.000 junge Menschen im Alter von 11, 13 und 15 Jahren in 44 Ländern und Regionen in Europa, Zentralasien und Kanada befragt wurden.
Folgen einer übermäßigen Nutzung sozialer Medien können laut Studie psychische Erkrankungen, Drogenkonsum und durch Schlafmangel ausgelöste gesundheitliche Einschränkungen sein.
Es sei notwendig, durch schnelle und nachhaltige Maßnahmen „Jugendlichen dabei zu helfen, den potenziell schädlichen Umgang mit sozialen Medien zu beenden, der nachweislich zu Depressionen, Mobbing, Angstzuständen und schlechten schulischen Leistungen führt“, sagte der WHO-Regionaldirektor für Europa, Hans Kluge.
Als eine Maßnahme empfiehlt die WHO, Medienkompetenz in die Lehrpläne aufzunehmen. Außerdem sollte der Zugang zu niederschwelligen psychologischen Beratungsstellen vereinfacht werden.
Die Regierungen müssten außerdem Gesetze schaffen, die Plattformbetreiber dazu verpflichteten, Altersbeschränkungen konsequent umzusetzen. „Indem wir Jugendliche befähigen, fundierte Entscheidungen über ihre Onlineaktivitäten zu treffen und ihre Online- und Offline-Welten in Einklang zu bringen, tragen wir letztendlich dazu bei, ihr allgemeines Wohlbefinden zu schützen und zu verbessern“, so Kluge.
Junge Menschen „sollten die sozialen Medien beherrschen und sich nicht von den sozialen Medien beherrschen lassen“, erklärte Natasha Azzopardi-Muscat, Direktorin für Gesundheitspolitik und -systeme der Länder bei der WHO Europa.
Die Organisation appellierte an die nationalen Behörden, in die Vermittlung von digitaler Kompetenz in Schulen, die Verbesserung der psychosozialen Dienste sowie in die Ausbildung von Lehrern und medizinischem Personal zu investieren. Auch solle die Rechenschaftspflicht der Anbieter von Onlinenetzwerken durchgesetzt werden.
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