Ruf nach besserer medizinischer Versorgung drogenabhängiger Strafgefangener

Berlin – Die Versorgung von drogenabhängigen Strafgefangenen ist der Initiative „Gesundheit in Haft“ zufolge verbesserungswürdig. In einem Eckpunktepapier „Prison Health is Public Health“ macht sie sechs zentrale Handlungsfelder aus und zeigt Beispiele guter Praxis aus einzelnen Bundesländern, Kommunen und aus dem Suchthilfesystem auf.
Zu „Gesundheit in Haft“ gehören Akteure aus Substitutionspraxen, Forschung, wissenschaftlichen Fachgesellschaften, Patientenorganisationen, Suchtfachverbänden, Sozialarbeit und Justizvollzugsanstalten, unter ihnen der Dachverband Substituierender Ärzte und die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde.
„Auch Deutschland verstößt gegen das international verpflichtende Recht, Menschen in Haft eine gleichwertige Gesundheitsversorgung wie außerhalb der Gefängnismauen anzubieten“, sagte Sylvia Urban vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe. Auch Menschen, die Drogen gebrauchten und inhaftiert seien, hätten ein Recht auf den bestmöglichen Gesundheitszustand und die Achtung ihrer Menschenrechte, so Urban weiter.
„Hier ist ein gesellschaftliches Problem im Umgang mit einer geächteten Erkrankung in die Haftanstalten verlagert worden“, kritisieren die Gesellschaften in dem Papier. Es bestehe ein Teufelskreis aus Illegalität, Beschaffungskriminalität, Gefängnis, Freiheit, Rückfall (...) mit erhöhtem Mortalitätsrisiko nach der Haftentlassung.
Konkret fordert die Initiative zunächst die Umsetzung des Äquivalenzprinzips. Danach sollten die medizinischen Leistungen in Haft gleichwertig zu denen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Freiheit sein. Darüber hinaus sprechen sich die Autoren des Papiers für einen disziplinübergreifenden Austausch aus, damit die Potenziale der Substitutionstherapie in Haft auf dem Stand des aktuellen Wissens wirksam werden könnten. So könnten Behandlungs- und Resozialisierungserfolge erhöht werden, heißt es.
Die Gruppe spricht sich auch für ein abgestimmtes Verfahren zur Sicherstellung einer nahtlosen Anschlussbehandlung nach der Haftentlassung aus. Notwendig sei ein Übergangsmanagement, das helfe, Todesfälle nach Haftentlassung zu verhindern, erläutern die Autoren des Papiers.
Sie wiesen zudem darauf hin, dass die Chancen einer geregelten Substitutionsbehandlung in Haft vielversprechend sind und genutzt werden sollten. Dazu brauche es vor allem Aufklärung bei allen Beteiligten. Das gelte für die Drogenabhängigen ebenso wie für Mithäftlinge, aber auch Bedienstete der medizinischen und sozialen Dienste sowie der psychosozialen Begleiter. Empfohlen wird auch eine obligatorische Fachkunde Suchtmedizin für alle Ärzte einer Justizvollzugsanstalt.
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