Ärzteschaft

Ruf nach Unterbringung von Flüchtlingen in kleineren Wohneinheiten

  • Montag, 11. Mai 2020
/picture alliance, Alexander Auer
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Berlin – Angesichts der Coronapandemie haben die Bundesvertretung der Medizin­studie­renden in Deutschland (bvmd) und verschiedene Hilfsorganisationen ihre Forderung nach Abschaffung der verpflichtenden Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge erneuert.

„Aktuell sind durch die COVID-19-Pandemie Menschen, die in großen Lebensgemein­schaf­ten auf begrenztem Raum leben, besonders gefährdet“, heißt es in einer neuen Stellungnahme der Medizinstudierendenvertretung.

Die Situation in deutschen Erstaufnah­meeinrichtungen ist vielerorts prekär: Mehrbett­zimmer, Gemeinschaftsbäder und -küchen stellten eine Gefahr für die in der Unterkunft lebenden Menschen im Allgemeinen und Risikogruppen im Besonderen dar.

Die bvmd fordert daher, dass derart große Gemeinschaftsunterkünfte abgeschafft werden, um innerhalb dieser Lebensgemeinschaften wohnende Vorerkrankte und Risikogruppen zu schützen. Bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 sei es in einer Erstaufnahmeeinrichtung mit weit mehr als 100 Bewohnenden fast unmöglich, direkte Kontaktpersonen zu ermitt­eln – infolgedessen seien alle Bewohnenden potenzielle Kontaktpersonen, so die bvmd.

Auch mehrere Hilfsorganisationen haben vor einer Ausbreitung des Virus in deutschen Flüchtlingsunterkünften gewarnt. „Die Lager in Deutschland müssen aufgelöst werden. Die Landesregierungen müssen jetzt schnell handeln und die langfristige und zukünftige Unterbringung in Wohnungen gewährleisten“, forderten die Landesflüchtlingsräte, die Organisation Pro Asyl und die Seebrücken-Bewegung.

Helen Deffner vom Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt warf den Behörden vor, die Gesundheit der Migranten bewusst zu gefährden und eine „Durchseuchung“ in Kauf zu nehmen. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Münster unterstützt die Argumen­tation des bvmd und der Hilfsorganisationen: Die Richter entschieden, dass eine schwangere Asylsu­chen­de nicht in ihrer Unterkunft bleiben muss.

Die Behörden hätten Angaben des Ehepaars über unzureichende Hygienezustände in der Unterkunft nicht widerlegt, befanden die Richter in einem heute veröffentlichten Eilbe­schluss (Az.: 6a L 365/20). Auch könne in der Unterkunft der Mindestabstand von andert­halb Metern nicht eingehalten werden.

Angesichts der Pandemielage sei es Aufgabe der zuständigen Behörde, über die Zustände vor Ort Kenntnis zu haben und bei Defiziten für Abhilfe zu sorgen, so die Richter. In dem Eilverfahren sei behördlicherseits jedoch nicht überzeugend dargelegt worden, dass und welche Maßnahmen in der Einrichtung für einen ausreichenden Schutz vor Ansteckung mit dem Coronavirus getroffen worden seien, argumentierten sie.

hil/afp

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