Scharfe Kritik am Entwurf der Qualitätsindikatoren für die Krankenhausplanung
Düsseldorf – Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) hat einen Vorbericht des neuen Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) zu Qualitätsindikatoren für die Krankenhausplanung scharf kritisiert. Die AWMF-Beurteilung stützt sich auf die Expertise von zwölf medizinischen Fachgesellschaften.
Mitte März 2016 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) dem IQTIG den Auftrag erteilt, Qualitätsindikatoren als Grundlage für eine qualitätsorientierte Krankenhausplanung zu erarbeiten. Hintergrund dafür ist das seit Anfang des Jahres geltende Krankenhausstrukturgesetz – es soll ermöglichen, die Versorgungsqualität bei der Krankenhausplanung besser zu berücksichtigen.
„Die Qualitätsindikatoren des IQTIG sind ein Schnellschuss“, kritisiert die AWMF jetzt. Dies zeige sich bereits im Ablauf des Verfahrens: Die AWMF wurde am 18. Juli 2016 um eine Stellungnahme gebeten – bis zum 31. Juli. „Eine erhebliche Zahl von am Thema interessierten Fachgesellschaften konnten uns keine Stellungnahmen übermitteln und haben dies mit der sehr kurzen Stellungnahmefrist begründet“, bemängelte der Verband. Auch die AWMF halte eine Frist von 14 Tagen für eine differenzierte Beurteilung und Abstimmung des Themas „Planungsrelevante Indikatoren“ innerhalb der Fachgesellschaften für unangemessen.
Aber auch inhaltlich halte das Konzept einer Prüfung nicht stand: „Anstatt vorhandene bewährte Maßnahmen der Qualitätssicherung zu nutzen und weiterzuentwickeln, soll das Rad neu erfunden werden“, so der Verband. Unter dem Strich lasse das IQTIG-Verfahren „keinerlei Zusatznutzen“ erwarten – „weder für die Planung von Krankenhäusern und Abteilungen noch für einzelne Leistungsbereiche“, erklärte Hans-Konrad Selbmann von der AWMF.
Das IQTIG greife einige wenige Indikatoren heraus und verleihe ihnen ein zu großes Gewicht, so die Kritik der Fachgesellschaften. Dabei gerieten andere Eigenschaften von Kliniken womöglich ins Abseits: etwa eine wohnortnahe Basisversorgung, qualifiziertes Personal oder die Rolle von Patientensicherheit und Qualitätssicherung. Auch der seit Jahren geförderte und geforderte offene Umgang mit Fehlern drohe aufzuweichen.
Besonders skeptisch bewertet die AWMF, wie das IQTIG eine mögliche Patientengefährdung als führenden Versorgungsaspekt heranzieht. Das IQTIG nutze dafür ein Risiko-Akzeptanz-Modell, mit dem die Bundesanstalt für Arbeit Gefahren am Arbeitsplatz bewertet. „Damit liegen allerdings in der Krankenhausversorgung im Gegensatz zum Patientensicherheitsmanagement keinerlei Erfahrungen vor“, so die AWMF.
Die medizinischen Fachgesellschaften rügen weiterhin, dass der G-BA-Auftrag in keiner Weise bereits getroffene Maßnahmen einzelner Bundesländer zur qualitätsorientierten Krankenhausplanung berücksichtige. In diesem Zusammenhang sei zum Beispiel zu hinterfragen, inwieweit die Krankenhausplanung in den Ländern die sehr gut etablierten und offen zugänglichen Qualitätsindikatoren der externen stationären Qualitätssicherung schon für Planungszwecke genutzt hätte, so die AWMF.
Zusammenfassend sei die Zeit für ein vernünftiges Vorgehen zu knapp bemessen. „Das hemmt ein sachgemäßes Vorgehen, macht die mit heißer Nadel gestickten Vorgaben schwer übertragbar und begünstigt Fehlentwicklungen“, sagte Rolf Kreienberg, Präsident der AWMF.
Das IQTIG muss seine Ergebnisse dem G-BA bis zum 31. August vorlegen. Bis zum 31. Dezember will der G-BA einen ersten Beschluss fassen.
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