Ärzteschaft

Schlaflabor trotz Digitalisierung weiter für Diagnostik nötig

  • Dienstag, 20. Oktober 2020
/dpa
/dpa

Marburg – Neue Möglichkeiten der Datenerfassung und der Übertragung und Verarbei­tung von Gesundheitsdaten verändern die Schlafmedizin. Das klassische Schlaflabor wird deshalb nicht überflüssig, wandelt sich aber.

Das berichtet Christoph Schöbel, Experte für Schlaf- und Telemedizin und einer der Ta­gungsleiter der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlaf­medizin (DGSM), die als digitaler Kongress Ende Oktober stattfindet.

„Tracker oder Schlaf-Apps sind aktuell zwar noch nicht wissenschaftlich und klinisch va­lidiert, doch das ist nur eine Frage der Zeit“, sagte er. Denn auch dabei stehe der Markt nicht still. In ein paar Jahren könnten aus getrackten Daten zum Beispiel Schlafstörungen diagnostiziert werden. Das forder den heutzutage etablierten Diagnostikpfad deutlich heraus, sagte er.

Wie könnte ein Schlaflabor der Zukunft aussehen? Können die Daten auch zuhause er­fasst werden? „Man forscht daran, dass die Messungen im häuslichen Umfeld umfassen­der möglich werden, weil dort der Schlaf am authentischsten stattfindet“, erklärte der Medizinphysiker und Somnologe Martin Glos von der Berliner Charité.

Grundsätzlich seien die Schlaf-Apps deshalb eine vielversprechende Entwicklung in die richtige Richtung, aber sie lieferten keine Daten, wie sie valide für eine schlafmedizini­sche Diagnostik notwendig seien. Dazu müssten die Messgeräte ambulant zusätzlich zu Atmungs- und Herz-Kreislaufparametern künftig auch die Schlafstruktur verlässlich er­fassen, also die Phasen von Leichtschlaf, Tiefschlaf, Traumschlaf und Wachzeiten.

Intensiv geforscht werde zudem an kontaktlosen Messmöglichkeiten, zum Beispiel mitt­els einer 3D-Tiefenbildkamera, über Geräuschmessungen, mittels Radartechnologie oder durch computergestützte Auswertung von Bewegungen des Körpers, welche durch Sen­sormatten auf der Matratze erfasst werden können.

„Aktuell bereits einen kompletten Abgesang auf das Schlaflabor anzustimmen wäre die falsche Schlussfolgerung“, berichtet Glos. Zum Beispiel seien komplexe EEG-basierte Messungen technisch noch nicht so ausgereift, um ambulant durchgehend valide Ergeb­nisse zu erzielen. „Aber die Forschungen liefern vielversprechende Ansätze, einen Teil der Patienten künftig ausschließlich im häuslichen Umfeld messen zu können“, fasst Glos den aktuellen Stand zusammen.

hil

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung