Schlaflabor trotz Digitalisierung weiter für Diagnostik nötig

Marburg – Neue Möglichkeiten der Datenerfassung und der Übertragung und Verarbeitung von Gesundheitsdaten verändern die Schlafmedizin. Das klassische Schlaflabor wird deshalb nicht überflüssig, wandelt sich aber.
Das berichtet Christoph Schöbel, Experte für Schlaf- und Telemedizin und einer der Tagungsleiter der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), die als digitaler Kongress Ende Oktober stattfindet.
„Tracker oder Schlaf-Apps sind aktuell zwar noch nicht wissenschaftlich und klinisch validiert, doch das ist nur eine Frage der Zeit“, sagte er. Denn auch dabei stehe der Markt nicht still. In ein paar Jahren könnten aus getrackten Daten zum Beispiel Schlafstörungen diagnostiziert werden. Das forder den heutzutage etablierten Diagnostikpfad deutlich heraus, sagte er.
Wie könnte ein Schlaflabor der Zukunft aussehen? Können die Daten auch zuhause erfasst werden? „Man forscht daran, dass die Messungen im häuslichen Umfeld umfassender möglich werden, weil dort der Schlaf am authentischsten stattfindet“, erklärte der Medizinphysiker und Somnologe Martin Glos von der Berliner Charité.
Grundsätzlich seien die Schlaf-Apps deshalb eine vielversprechende Entwicklung in die richtige Richtung, aber sie lieferten keine Daten, wie sie valide für eine schlafmedizinische Diagnostik notwendig seien. Dazu müssten die Messgeräte ambulant zusätzlich zu Atmungs- und Herz-Kreislaufparametern künftig auch die Schlafstruktur verlässlich erfassen, also die Phasen von Leichtschlaf, Tiefschlaf, Traumschlaf und Wachzeiten.
Intensiv geforscht werde zudem an kontaktlosen Messmöglichkeiten, zum Beispiel mittels einer 3D-Tiefenbildkamera, über Geräuschmessungen, mittels Radartechnologie oder durch computergestützte Auswertung von Bewegungen des Körpers, welche durch Sensormatten auf der Matratze erfasst werden können.
„Aktuell bereits einen kompletten Abgesang auf das Schlaflabor anzustimmen wäre die falsche Schlussfolgerung“, berichtet Glos. Zum Beispiel seien komplexe EEG-basierte Messungen technisch noch nicht so ausgereift, um ambulant durchgehend valide Ergebnisse zu erzielen. „Aber die Forschungen liefern vielversprechende Ansätze, einen Teil der Patienten künftig ausschließlich im häuslichen Umfeld messen zu können“, fasst Glos den aktuellen Stand zusammen.
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