Schwangerschaftsabbrüche: Hessen will Schutzzonen um Frauenarztpraxen prüfen

Frankfurt am Main – Die Landesregierung in Hessen will sich mit der Frage befassen, ob Schutzzonen um Arztpraxen und Beratungsstellen, in denen Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden oder Frauen Informationen erhalten, künftig möglich sind. „Im Rahmen des von der Regierungskoalition vereinbarten Gesetzgebungsverfahrens für ein neues Versammlungsgesetz des Landes Hessen wird die Frage, ob entsprechende Einschränkungen der Versammlungsfreiheit künftig zulässig sein sollten, umfassend geprüft werden“, teilte das hessische Innenministerium dem Deutschen Ärzteblatt auf Nachfrage.
Derzeit fielen Mahnwachen allerdings in den Schutzbereich der von Artikel acht des Grundgesetzes geschützten Versammlungsfreiheit. „Die Ausweisung von ‚Schutzzonen‘ oder ‚Bannmeilen‘ stellt einen Eingriff dar, der nur aufgrund eines Gesetzes erfolgen dürfte“, erklärte das Innenministerium weiter. Die örtlichen Versammlungsbehörden hätten aber die Möglichkeit, mit versammlungsrechtlichen Auflagen ein aktives Ansprechen und Bedrängen von Frauen im Umfeld von Beratungsstellen zu untersagen.
Hintergrund ist, dass Abtreibungsgegner in Hessen offenbar immer wieder Mahnwachen direkt im oder vor dem Eingangsbereich der Arztpraxen abhalten und hilfesuchende Frauen dort ansprechen. Die Delegiertenversammlung der Landesärztekammer Hessen hatte sich daher zuletzt für Schutzzonen um Arztpraxen und Beratungsstellen ausgesprochen.
Die Proteste stellen „eine erhebliche Beeinträchtigung und Bloßstellung aller Menschen (einschließlich des Personals)“ dar, begründeten die Delegierten ihr Anliegen. Den Zugang zum straffreien Schwangerschaftsabbruch zu behindern, sei eine Missachtung der legalen persönlichen Entscheidung mündiger Bürgerinnen und folglich als „ein Angriff auf die Würde und die Freiheit von Frauen“ zu werten.
Das hessische Ärzteparlament schlägt vor, einen Schutzabstand von 150 Metern um die Praxen einzurichten. In diesem Radius sollen die Mahnwachen untersagt werden. Damit wären laut den Delegierten Patientinnen und Mitarbeiterinnen besser geschützt und gleichzeitig die Demonstrationsfreiheit gesichert.
„Wir sind zuversichtlich, dass die landesweite Einführung von Schutzzonen die geeignete Maßnahme darstellt, um die Bedrängung und Einschüchterung sowohl der betroffenen Frauen als auch des Personals zu unterbinden“, erklärten die Delegierten. Schließlich habe „niemand das Recht, Frauen zu beleidigen oder sie öffentlich zur Rede zur stellen.“
Schutzzonen hat vor einigen Tagen auch die Linke-Fraktion im Hessischen Landtag gefordert. In einem entsprechenden Gesetzentwurf schlägt die Fraktion ebenfalls einen Schutzabstand von 150 Metern vor. Die Mahnwachen setzten Frauen in einem besonders sensiblen Beratungskontext moralisch unter Druck und prangerten sie öffentlich an, kritisierte die frauen- und gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion, Christiane Böhm.
Die SPD Hessen unterstützt die Initiative und fordert die schwarz-grüne Landesregierung auf, das Thema zeitnah anzugehen. Auch der Verband Pro Familia Frankfurt stellte sich hinter die Forderung.
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