Selbstverwaltungsstärkungsgesetz: Offenbar Durchbruch bei Verhandlungen

Berlin – Kurz vor den letzten Beratungen zum Selbstverwaltungsstärkungsgesetz am morgigen Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestages hat es offenbar einen Durchbruch bei den Verhandlungen in der Großen Koalition gegeben. Das teilte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Hilde Mattheis, am Abend mit. Die SPD habe erreicht, „dass das Gesetz nun die Richtigen trifft, aber kein Generalangriff auf die Selbstverwaltung darstellt“, heißt es in einer Mitteilung, die sie gemeinsam mit Bärbel Bas, Berichterstatterin ihrer Fraktion für das Selbstverwaltungsstärkungsgesetz, verschickt hat.
Laut Mitteilung werden die Vorgaben für Mindestinhalte der Satzungen der Selbstverwaltungsorganisationen gestrichen. Hier sah die SPD-Fraktion offenbar Eingriffe in die Satzungsautonomie der Organisationen. Auch soll es eine Präzession bei dem sogenannten „Staatskommissar light“ geben, der vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) in die Selbstverwaltungsorganisationen „bei Gefahr für die ordnungsgemäße Verwaltung“ entsandt werden kann. Künftig solle der „kleine Staatskommissar“, wie er auch bezeichnet wird, „ausschließlich der Beratung und Unterstützung der jeweiligen Institution“ dienen, so Mattheis und Bas. „Die Entscheidungen kommen weiterhin vom Vorstand, der dann auch haftet“, erklärte Bas.
Von den Selbstverwaltungsorganisationen war die mögliche Haftung der Vorstände für Handlungen des Staatskommissars heftig kritisiert worden. Künftig sollen ebenso die Haushalte von GKV-Spitzenverband sowie Kassenärztlicher Bundesvereinigung nicht durch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften geprüft werden. „Wir haben mit unseren Änderungen dem Titel des Gesetzes – Selbstverwaltungsstärkung – nun endlich Rechnung getragen“, erklärte Mattheis. „Wir haben immer gesagt, dass wir eine vollständige Transparenz und bessere Aufsicht über die Vorgänge in der KBV brauchen. Das erreichen wir mit dem Gesetz, ohne damit gleichzeitig die gesamte Selbstverwaltung zu beschädigen.“
Das Selbstverwaltungsstärkungsgesetz stand im Laufe der vergangenen Woche – so ist es in Berlin zu hören – offenbar mehrfach komplett auf der Kippe. So waren nach der Anhörung zum Gesetz am Montag vergangener Woche offenbar unter vielen Abgeordneten aus dem Gesundheitsausschuss Zweifel aufgekommen, ob das Gesetz in dieser Form verabschiedet werden sollte. Vor allem die SPD-Politikerinnen Mattheis und Bas führten hierbei das Wort – beide schrieben gemeinsam in einem Gastkommentar in der Frankfurter Rundschau. „Es darf zu keiner Beschneidung der Selbstverwaltung kommen. Es ist sinnlos ein Gremium zu wählen, wenn dieses dann die maßgeblichen Entscheidungen für die Sozialversicherung nicht autonom treffen kann.“ Der Kommentar erschien am Tag der Anhörung.
Bei einer Veranstaltung des GKV-Spitzenverbandes zwei Tage später war die Stimmung zwischen dem unionsgeführten Bundesgesundheitsministerium (BMG) und der gesundheitspolitischen Sprecherin der SPD deutlich angespannt: Die parlamentarische Staatssekretärin im BMG, Annette Widmann-Mauz (CDU), stellte klar, dass für alle Selbstverwaltungsorganisationen die gleichen Rechte und Pflichten gelten müssten.
Die Fundamentalkritik vor allem der Arbeitnehmerseite in den Verwaltungsräten der Krankenkassen teilte sie nicht. Auf der Veranstaltung deutete sie bereits Änderungsmöglichkeiten am Gesetz an. Nach ihrer Aussage könnte dies die Regelungen zum Einsatz eines Staatskommissars sowie bei der Vorlage von Vorstandsdienstverträgen bei der Rechtsaufsicht betreffen. SPD-Politikerin Mattheis sprach bei der Veranstaltung bereits von „weiterem Gesprächsbedarf“.
Dass es zu Änderungen am Selbstverwaltungsstärkungsgesetz kommt, ist eine parlamentarische Logik und war nach der massiven Kritik in der Anhörung erwartet worden. Vor allem die Abgeordneten der SPD hatten offenbar Zweifel, ob die geplanten Regelungen die gewerkschaftlichen Vertreter in den Verwaltungsräten treffen würden. Dabei stehen die Abgeordneten unter Zeitdruck: Wenn das Gesetz nicht in dieser Parlamentswoche verabschiedet wird, kann es nicht mehr bis zur Vorstandswahl der Kassenärztlichen Bundesvereinigung am 3. März in Kraft treten.
Das Gesetz sowie die entsprechenden Änderungsanträge können nun wie vorgesehen am morgigen Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestages abgestimmt werden, „Fortsetzung und Abschluss der Beratung“ stehen auf der Tagesordnung des Ausschusses. Auf der Tagesordnung für die Plenarsitzung des Bundestages am Donnerstag ist das Gesetz inzwischen als 19. Punkt aufgetaucht. Die Debatte von etwa 30 Minuten beginnt laut aktueller Planung allerdings frühestens gegen 21.15 Uhr.
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