Medizin

Sepsis: Schneller Antibiotikaeinsatz kann Leben retten

  • Dienstag, 23. Mai 2017
Wolfgang Rieger stock.adobe.com
Wolfgang Rieger stock.adobe.com

Pittsburgh – Ein staatlich verordnetes Maßnahmenbündel hat an Kliniken im US-Staat New York die Kliniksterblichkeit von Sepsis-Patienten gesenkt, wie eine retrospektive Auswertung im New England Journal of Medicine (2017; doi: 10.1056/NEJMoa1703058) zeigt.

Der tragische Tod eines 12-jährigen Jungen, der nach einem Kratzer an einer Sepsis verstarb, weil mehrere Ärzte die Bedrohung nicht erkannten, hat im US-Staat New York veranlasst, den Kliniken feste Regeln zur Diagnose und Therapie der Sepsis aufzu­erlegen. Dazu gehört ein sogenanntes 3-Stunden-Bündel. Es sieht vor, dass die Kliniken in den ersten drei Stunden nach Aufnahme des Patienten eine Blutkultur veranlassen, den Laktatwert bestimmen und mit der Gabe eines Breitbandanti­bio­tikums beginnen. Ein weiteres 6-Stunden-Bündel sieht bei einem Laktatwert ab 4,0 mmol/l eine intravenöse Volumensubstitution von 30 ml/kg Körpergewicht als Bolus vor sowie die Gabe von Vasopressoren bei einem Blutdruckabfall sowie eine Kontrolle des Laktatwerts. 

Wie eine Auswertung von Christopher Seymour von der Universität Pittsburgh und Mitarbeitern zeigt, wurde das 3-Stunden-Bündel  zwischen April 2014 und Juni 2016 an den 149 Kliniken des Staates bei 40.696 von 49.331 Patienten eingehalten. Im Durchschnitt benötigen die Ärzte 1,30 Stunden, um die drei Maßnahmen einzuleiten. Die Antibiotika-Therapien wurden nach 0,95 Stunden begonnen. Der Flüssigkeits-Bolus wurde nach durchschnittlich 2,56 Stunden verabreicht. 

Seymour hat den Zeitpunkt der Behandlung mit der Kliniksterblichkeit der Patienten in Verbindung gesetzt. Ergebnis: Jede Stunde Zeitverzug des 3-Stunden-Bündels war mit einem Anstieg des Sterberisikos um 4 Prozent assoziiert. Die Odds Ratio von 1,04 war mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 1,02 bis 1,05 statistisch signifikant. Entscheidend scheint die frühzeitige empirische Gabe eines Breitbandantibiotikums zu sein. Seymour ermittelt eine Odds Ratio von 1,04 pro Stunde (1,03-1,06), während für die frühzeitige Gabe des intravenösen Flüssigkeits-Bolus (Odds Ratio 1,01 pro Stunde; 0,99-1,02) kein signifikanter Vorteil erkennbar war.

Eine retrospektive Analyse von Patientendaten kann eine Kausalität nicht belegen, doch der Nutzen einer schnellen Antibiotikagabe erscheint biologisch plausibel zu sein. Sie kann die Pathogen-Last senken, die Abwehrreaktion modifizieren und die Gefahr einer nachfolgenden Organdysfunktion vermindern. Dass staatliche Regelungen die Qualität der Kliniken verbessern, kann die Studie nicht zeigen, da ein Vorher-Nachher-Vergleich nicht möglich war.

rme

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung