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Sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen: Zentrum für Prävalenzforschung gefordert

  • Freitag, 16. Juni 2023
/Photo Sesaon, stock.adobe.com
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Berlin – Die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) fordert mehr Prävalenzforschung zur sexuellen Gewalt an Kindern und Jugendlichen.

„Es ist ein Skandal, dass es keine verlässlichen Daten zum Dunkelfeld von sexueller Gewalt gibt. Wir wissen viel zu wenig über Tatkontexte, Betroffene sowie Tätern und Täterinnen“, sagte Kerstin Claus gestern bei einem Symposium der UBSKM und des Deutschen Jugendinstituts (DJI) in Berlin. Man brauche aber solche Daten, um zielgerichtet und konsequent handeln zu können, so Claus.

„Wir fangen nicht bei null an. Empfehlungen zur Prävalenzforschung gibt es bereits und unter anderem wird ein partizipativer Ansatz von Fachpraxis und Betroffenen gefordert“, berichtete Claus. Der Nationale Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen hat bereits 2022 die Befragung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter besonderer Berücksichtigung vulnerabler Gruppen und die Erfassung von sexueller, körperlicher und psychischer Gewalterfahrungen und Vernachlässigung gefordert.

Dazu fordert der Rat und die UBSKM die Einrichtung eines Zentrums für Prävalenzforschung, um ein kontinuierliches Monitoring von sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen.

„Es braucht ein Dach, um Daten auch anderen zur Verfügung zu stellen“, sagte Sabine Walper, Direktorin des DJI. Und nur mit Wiederholungsbefragungen ließen sich Veränderungen voranbringen. Die Experten rechnen für das Zentrum mit Kosten von 1,7 Millionen Euro pro Jahr.

„Wir wollen den Schwerpunkt zunächst auf bundesweite Schulbefragungen in den 9. Klassen an allen Schulformen legen“, sagte die UBSKM. Diese sollen im Rahmen eines Gesamtkonzeptes mit Überleitungen in Beratungs- und Hilfestrukturen erfolgen.

DJI-Direktorin Walper wies auf zwei regional durchgeführte Schülerbefragungen hin: „Speak!“ in Hessen und „Schülerwissen“, die unter anderem in Rheinland-Pfalz und Thüringen durchgeführt wurde. Danach haben Walper zufolge 35 Prozent der Mädchen und 10 Prozent der Jungen Erfahrungen mit sexueller Gewalt gehabt. Je höher der Anteil der Erfahrungen mit sexueller Gewalt bei den Schülern, desto höher sei der Anteil von Gewalt an der Schule generell.

„Politik und Gesellschaft scheinen nicht so genau wissen zu wollen, wie häufig und in welchem Kontext sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen vorkommt“, sagte Ilka Kraugmann, Mitglied im Betroffenenrat. Ein Zentrum für Prävalenzforschung sei deshalb auch ein Ausdruck politischen Willens für die Betroffenen.

PB

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