So funktioniert die Prophylaxe mit den neuen Migräne-Antikörpern
Berlin – Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie und die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft haben Handlungsempfehlungen für den Umgang mit den neuen Antikörpern zur Migräneprophylaxe herausgegeben.
In den vergangenen Monaten sind vier neuartige Medikamente für die Migräneprophylaxe zugelassen worden: drei monoklonale Antikörper gegen CGRP (Eptinezumab, Fremanezumab, Galcanezumab) und ein monoklonaler Antikörper gegen den CGRP-Rezeptor (Erenumab).
Die neuen Medikamente sind wirksam, aber auch kostspielig. Die DGN und die DMKG geben deshalb Empfehlungen zur Auswahl der Patienten, zur Beurteilung des Therapieerfolgs, zur Dauer der Behandlung und zu möglichen Anwendungseinschränkungen.
Migräne-Antikörper sind im Vergleich zu den herkömmlichen Therapieoptionen nicht wirksamer. Ihre Verschreibung sollte demnach nur bei Patienten erfolgen, bei denen herkömmliche Medikamente keine Wirkung zeigen oder kontraindiziert sind.
„Viele Patienten sind gut mit den herkömmlichen Therapien einzustellen und erleiden unter der Medikation deutlich weniger Migränetage. Es macht daher wenig Sinn, diese Patienten auf neue Präparate umzustellen“, erklärte Hans-Christoph Diener, einer der federführenden Autoren der neuen Handlungsempfehlungen.
Standard der medikamentösen Migräne-Prophylaxe sind Betablocker, die allerdings nicht bei Menschen mit Herzinsuffizienz, Herz-Rhythmus-Störungen oder Asthma eingesetzt werden sollten.
Des Weiteren werden Kalziumkanal-Blocker eingesetzt, bei denen Schwangerschaft und Depression als Kontraindikationen gelten. Antikonvulsiva dürfen unter anderem nicht bei Leberfunktionsstörungen oder Niereninsuffizienz verschrieben werden. Und das Antidepressivum Amitriptylin sollte nicht bei Herzinsuffizienz, grünem Star oder gutartiger Vergrößerung der Prostata eingesetzt werden.
Die Behandlung mit Botulinumtoxin, die noch relativ neu ist und nur bei Patienten mit chronischer Migräne zur Prophylaxe angezeigt ist, kann nicht bei Menschen mit Myasthenia gravis verschrieben werden.
Der Therapieerfolg muss zeitnah überprüft werden
Zusätzlich zur richtigen Auswahl der Patienten sei die zeitnahe Beurteilung des Therapieerfolgs sowie die Einschränkung der Behandlungsdauer entscheidend. Definiert ist Therapieerfolg als eine Reduzierung der monatlichen Kopfschmerztage um mindestens 50 Prozent im Vergleich zur Vorbehandlung über einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten.
Alternativ kann die Wirksamkeit der Behandlung auch an einer Reduzierung des MIDAS-Scores um 30 Prozent oder einer Reduzierung der Punktzahl beim 6-Punkte-Headache-Impact-Test um mindestens 5 Punkte festgemacht werden.
Nur wenn die Therapie sich nach drei Monaten als wirksam erwiesen hat, sollte sie fortgeführt werden. Doch „nach sechs bis neun Monaten sollte die Antikörpertherapie pausiert und eine Fortführung erst wieder erwogen werden, wenn sich eine Verschlechterung einstellt“, so Diener.
Nicht eingesetzt werden sollen Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor bei Schwangeren und während der Stillzeit sowie bei Frauen, die keine ausreichende Kontrazeption betreiben. Vorsichtshalber sollte auch bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung, ischämischem Insult, Subarachnoidalblutung oder peripherer arterieller Verschlusskrankheit auf die Verschreibung verzichtet werden.
Bis auf weiteres wird auch von der Behandlung von Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen, COPD, pulmonaler Hypertension, M. Raynaud, Wundheilungsstörungen oder bei Transplantationsempfängern abgeraten. Auch bei Patienten mit chronischen Vorerkrankungen sollte zurückhaltend vorgegangen werden. Für Kinder und Jugendliche gibt es bisher keine Informationen zur Verträglichkeit und Sicherheit.
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