Sozialpädiater fordern neue Versorgungsansätze für sozial benachteiligte Kinder

Berlin/Suhl – Bundesweit leiden mehr als zwei Millionen Kinder unter Verhaltensstörungen, Störungen der geistigen Entwicklung und Motorik, Essstörungen oder Internetsucht. Laut „Kinder- und Jugendgesundheitssurvey“ (KiGGS) sind vor allem Kinder der unteren Sozialschicht von sogenannten „Neuen Morbiditäten“ bedroht. Ihr Erkrankungsrisiko ist rund dreimal so hoch wie das von Kindern aus der obersten Sozialschicht. Vor diesem Hintergrund fordert die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ) die Entwicklung neuer Versorgungskonzepte.
Aus Sicht der Fachgesellschaft ist eine rein medizinische Betrachtung und Behandlung der „Neuen Morbiditäten“ bei Kindern wenig zielführend. Stattdessen gelte es, das gesamte psychosoziale Umfeld zu berücksichtigen. „Deshalb sind neue Konzepte überfällig, die viel stärker präventiv ausgerichtet sein müssen“, erklärt DGSPJ-Vorstand Carsten Wurst.
Erste Weichen sind bereits gestellt: So sollen Kinderärzte im Rahmen der Früherkennungsuntersuchungen (U-Untersuchungen) künftig verstärkt auch psychosoziale Belastungsfaktoren in den Fokus nehmen. Zusätzlich bedarf es jedoch einer besseren Vernetzung mit den Systemen der Jugendhilfe, der Frühförderung und der Bildung. Die „Frühen Hilfen“ sowie das 2015 verabschiedete Präventionsgesetz gehen nach Ansicht der Sozialpädiater dabei in die richtige Richtung.
Bei der flächendeckenden Umsetzung seien nun Länder und Kommunen gefordert. Niedrigschwellige Anlaufpunkte wie etwa Familienzentren oder über Aufsuchende Mobile Teams könnten sozialbenachteiligte Kinder am besten erreichen und so die Ausbreitung der psychischen Auffälligkeiten verhindern.
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