Stationäre Antibiotikabehandlungen nicht immer leitliniengerecht möglich

Langenhagen/Osnabrück – Die Umsetzung der antibiotischen Therapien bei Harnwegsinfektionen sowie Sepsis analysierten die Paracelsus-Kliniken Deutschland näher. Rund 600 Fälle aus den Jahren 2019 und 2020, zu zwei Dritteln Harnwegsinfekte und einem Drittel Sepsen, wurden dazu datenschutzgerecht ausgewertet.
Demnach ist vor allem bei älteren Menschen eine streng an den Leitlinien ausgerichtete und kostensparende DRG-Behandlung nicht immer möglich. Zwei Drittel der Patienten brauchten aus medizinischen Gründen eine abweichende Behandlung, da Komorbiditäten häufig zu einer besonderen Erkrankungsschwere führten.
„Wir haben bei unseren Untersuchungen gesehen, dass das Durchschnittsalter unserer Patientinnen und Patienten bei 77,6 Jahren liegt. Das heißt, wir bewegen uns in einem rein geriatrischen Setting mit Patienten, die Vorerkrankungen haben”, betonte Joachim Biniek, Doktorand und Weiterbildungsassistent am Zentralinstitut für Krankenhaushygiene und Umweltmedizin der Paracelsus Kliniken.
Bei 61 Prozent der aufgenommenen Patienten wurde deshalb in den untersuchten Paracelsus Kliniken vorsorglich eine mikrobiologische Untersuchung vorgenommen und in 83 Prozent der Fälle tatsächlich der Nachweis eines Keims erbracht.
„Damit sind wir – ähnlich wie bei multiresistenten Keimen – in unseren Kliniken gut, was das Erkennen von Infektionen angeht”, so Biniek. „Wenn eine Harnwegsinfektion bei einem älteren Patienten so schwerwiegend ist, dass eine stationäre Aufnahme erforderlich wird, dann sollte immer eine mikrobiologische Diagnostik erfolgen.“
Die Gabe der Antibiotika erfolgte in den Paracelsus-Kliniken laut den Daten in 63 Prozent der Fälle ausschließlich parenteral, also per Infusion oder Injektion – nur 13 Prozent der Patienten bekamen Tabletten. „Wir müssten gemäß den Leitlinien eigentlich häufiger zur Tablette greifen, aber mit Sicht auf die Patientengruppe ist das nicht immer möglich”, erklärte Biniek.
„Gerade ältere, multimorbide Patienten brauchen eine besondere Überwachung des komplexen Genesungsprozesses im Krankenhaus. Man kann sie nicht einfach mit Tabletten nach Hause schicken.“ Unter dem Strich lohne sich aber der stationäre Aufenthalt, da er die Sterblichkeit senke.
In der Konsequenz der Studienergebnisse müsse es darum gehen, die mikrobiologische Diagnostik zu stärken, die Therapien entsprechend anzupassen und die Leitlinien und DRG-Vorgaben mit der Praxis der Kliniken zu synchronisieren, so Karolin Graf, Leiterin des Zentralinstituts für Krankenhaushygiene der Paracelsus Kliniken.
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