Ausland

WHO tief besorgt über Anti­biotikaresistenzen

  • Freitag, 9. Dezember 2022
/antibiotikaresistenz, stock.adobe.com
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Genf – Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist tief besorgt über die zunehmende Resistenz von Bak­terien gegen Antibiotika. „Die Antibiotikaresistenz ist eine globale Bedrohung, sowohl für die öffentliche Ge­sundheit als auch die Wirtschaft“, sagte WHO-Expertin Catharina van Weezenbeek. Die WHO schätzt, dass je­des Jahr 1,3 Millionen Menschen sterben, weil Antibiotika bei ihren Infektionen nicht anschlagen. Sie legte heute in Genf ihren neuen Bericht über Antibiotikaresistenzen (AMR) vor.

Erst kürzlich hatte die EU-Gesundheitsbehörde ECDC berichtet, dass im Europäischen Wirtschaftsraum jähr­lich mehr als 35.000 Menschen aufgrund von Antibiotikaresistenzen sterben. Die gesundheitlichen Folgen seien vergleichbar mit denen von Grippe, Tuberkulose und HIV/Aids zusammen, teilte die Behörde mit.

In Deutschland sterben nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) jährlich etwa 2.500 Menschen allein durch multiresistente Erreger, also solche, die gegen mehrere Antibiotika gleichzeitig resistent sind. Hinzu kommen Todesfälle im Zuge von Einzelresistenzen.

Von 2017 bis 2021 sei die Zahl der Blutbahninfektionen durch resistente Escherichia-coli- und Salmonella-spp.- sowie resistente Gonorrhoebakterien weltweit um mindestens 15 Prozent gestiegen, heißt es im aktuel­len WHO-Bericht. Möglich sei, dass dies auch auf den häufigen Einsatz von Antibiotika im Rahmen der Coro­na­pandemie zurückzuführen sei.

Bei Bakterien wie Klebsiella pneumoniae und Acinetobacter spp., die häufig Blutbahninfek­tionen in Kran­ken­häusern verursachen, würden inzwischen teils hohe Resistenzwerte von etwa 50 Prozent gegen üblicherweise verwendete Mittel gemeldet, berichtete die WHO. Sie müssten mit den stärksten Antibiotika behandelt wer­den, aber auch dagegen seien nach den Meldungen der Länder schon acht Prozent der Klebsiella-pneu­mo­niae-Bakterien resistent.

Die WHO betont auch, dass bessere Daten nötig sind. In manchen Ländern kämen Meldungen nur aus weni­gen hochspezialisierten Kliniken, in denen naturgemäß nur die schwersten Fälle behandelt würden. Deshalb könne das Bild verzerrt sein.

127 Länder berichteten an die WHO-Datenbank. China gehört bislang nicht dazu. Man sei mit Peking im Ge­spräch, hieß es. In vielen ärmeren Ländern fehlten Labore und Diagnosemittel, so die WHO. So entstehe Druck auf Ärzte und Kliniken, ohne klare Diagnose die neuesten und stärksten Mittel einzusetzen, selbst, wenn das womöglich gar nicht nötig sei, sagte van Weezenbeek. Auch in ihrer Heimat, den Niederlanden, verlangten Patienten oft nach neuesten Antibiotika, ohne dass es eine Indikation für den Einsatz gebe.

Die WHO sieht einen Hoffnungsschimmer, wenn schnell gehandelt wird, wie WHO-Expertin Carmem Pessoa-Silva sagte: Die Resistenzen von Bakterien gegen Mittel, die zur Zeit noch als „letzte Rettung“ eingesetzt wer­den, seien noch gering. Wenn unnötige und falsche Anwendungen unterbunden würden, könnten sie länger wirksam bleiben.

Dafür müsse aber jetzt, nicht in fünf Jahren gehandelt werden. Nötig sei es auch, neue Klassen von Antibiotika zu entwickeln.

Gerade in Krankenhäusern zirkulieren oft Bakterien, gegen die kaum ein Antibiotikum mehr wirkt. Von Anti­bio­tikaresistenz sprechen Experten, wenn Patienten auf ein Antibiotikum nicht reagieren, das heißt, wenn die krankmachenden Bakterien durch das Antibiotikum nicht vernichtet werden. Multiresistent werden Erreger genannt, gegen die gleich mehrere oder alle verfügbaren Antibiotika nicht mehr wirken.

dpa

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