Statistisches Bundesamt: Einkommen von niedergelassenen Ärzten deutlich gestiegen

Köln – Niedergelassene Ärzte haben die Erträge ihrer Praxen zwischen 2007 und 2011 deutlich steigern können. Das geht aus Erhebungen des Statistischen Bundesamts hervor. Danach stieg der Reinertrag je Arztpraxis, der dem Überschuss nach Abzug der Praxisaufwendungen vor Steuern und sonstigen Abgaben entspricht, in diesen vier Jahren um 21 Prozent auf durchschnittlich 234.000 Euro.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts gab es bei den Arzteinkommen je nach Fachrichtung große Unterschiede. Allgemeinarztpraxen verbuchten 2011 Reinerträge von durchschnittlich 181.000 Euro, Kinderarztpraxen brachten es auf 191.000 Euro, Orthopädie-Praxen auf 293.000 Euro und Praxen für Haut- und Geschlechtskrankheiten auf 249.000 Euro.
Den am Donnerstag veröffentlichten Zahlen zufolge gab es bei Zahnärzten und Psychotherapeuten mit eigenen Praxen ebenfalls Zugewinne. Die Reinerträge von Zahnarztpraxen stiegen von 2007 bis 2011 um zwölf Prozent auf 178.000 Euro. Bei Psychotherapeuten erhöhte sich der Reinertrag um 19 Prozent auf 68.000 Euro.
In der Erhebung zeigt sich außerdem, dass ein stark steigender Anteil der Einnahmen aus Abrechnungen mit Privatversicherungen stammt und damit zu den höheren Erträgen beitrug. Die Einnahmen aus privatärztlicher und sonstiger selbstständiger ärztlicher Tätigkeit je Praxis erhöhten sich bei Ärzten in dem betrachteten Zeitraum um etwa 32 Prozent auf 152.000 Euro pro Jahr.
Als richtiges Signal wertete der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, die Auswertungen des Statistischen Bundesamtes. Die ausgewiesenen Überschüsse für die Jahre 2007 bis 2011 bedeuteten einen jährlichen Zuwachs von vier Prozent. „Nach Abzug des Inflationsausgleiches konnten Vertragsärzte somit eine reale Steigerung von jährlich zwei Prozent erzielen. Ein Zuwachs in dieser Höhe ist nicht nur gerechtfertigt, sondern nach mehr als zwanzig Jahren strikter Budgetierung dringend erforderlich“, erklärte Köhler.
„Wenn wir junge Ärzte für die ambulante Versorgung gewinnen wollen, brauchen wir eine ausreichende Finanzierung. Deshalb sind die Zahlen des Statistischen Bundesamtes das richtige Signal.“
Der KBV-Vorstand wies außerdem darauf hin, dass der Überschuss oder Reinertrag einer Arztpraxis nicht mit dem Brutto- oder Nettoeinkommen eines Arbeitnehmers vergleichbar sei. Aus dem Überschuss zahlten die Ärzte nicht nur die Einkommensteuer von durchschnittlich rund 47.000 Euro, die Altersvorsorge von durchschnittlich etwa 18.000 Euro sowie die Kranken- und Pflegeversicherung von 8.000 Euro. Daraus müssten auch Investitionen bezahlt und Kredite getilgt werden, die die Ärzte aufnähmen, um den Praxisbetrieb zu finanzieren.
Die Ergebnisse des Statistischen Bundesamtes zeigten darüber hinaus, dass in den Arztpraxen die Kosten für Personal, Miete, Heizung und Strom in den Jahren 2007 bis 2011 um 21 Prozent gestiegen seien. „Deshalb ist der Anstieg der Umsätze absolut gerechtfertigt“, sagte Köhler. Jahrelang sei der Kostenanstieg in den Praxen nicht ausreichend berücksichtigt worden. Das gelte im Übrigen auch für die zunehmende Zahl von Behandlungen aufgrund der veränderten Morbidität und der Verlagerung von Leistungen aus dem Krankenhaus in die Praxen niedergelassener Ärzte.
Der KBV-Vorstand wies zudem darauf hin, dass die Einkommenszuwächse zum großen Teil aus der privatärztlichen Versorgung stammten. Nur 69 Prozent der Einnahmen der Arztpraxen im Jahr 2011 resultierten aus der Behandlung von gesetzlich krankenversicherten Patienten, obwohl rund 90 Prozent der Bundesbürger bei einer Krankenkasse versichert seien. „Dies ist auch ein Grund dafür, dass die Einnahmen der Vertragsärzte bundesweit sehr unterschiedlich sind“, betonte Köhler.
Ein Sprecher des GKV-Spitzenverbandes erklärte, die jetzt veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigten deutlich, dass es insgesamt kein Einkommensproblem bei niedergelassenen Ärzten gebe. Wenn einzelne Arztgruppen oder Ärzte ein zu geringes Honorar erhielten, sei das ein Verteilungsproblem innerhalb der Ärzteschaft. „Die jetzt veröffentlichten Zahlen bestätigen, dass aus den Portemonnaies der Beitragszahler ein sehr anständiges Honorar zu den niedergelassenen Ärzten fließt“, sagte der Sprecher.
Über Validität und Interpretation der Daten zur Einkommenssituation der Vertragsärzte und –psychotherapeuten gab es in den letzten Jahren regelmäßig Streit. KBV und Krankenkassen warfen sich gegenseitig vor, die Ärzte arm beziehungsweise reich zu rechnen. Das wurde zuletzt bei einer Tagung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (ZI) im November 2012 deutlich.
Einigkeit herrschte damals unter Experten am ehesten darüber, dass eine breitere Datenbasis wünschenswert wäre. Sowohl das Statistische Bundesamt wie das ZI können für ihre Auswertungen nur auf Datensätze von circa 4.000 Praxen zurückgreifen. Das Statistische Bundesamt muss sich zudem mit freiwilligen Auskünften begnügen, das ZI verlangt Testate von Steuerberatern.
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