Steigende OP-Zahlen sind „Ausdruck für leistungsfähiges Gesundheitssystem”

Berlin – Die Zahl der Operationen in Deutschland ist seit 2005 um mehr als ein Viertel gestiegen. Das geht aus einer Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion hervor, die der Passauer Neuen Presse vorliegen. Danach habe es im Jahr 2005 rund 12,13 Millionen Operationen gegeben, berichtet das Blatt heute. 2011 seien es 15,37 Millionen gewesen.
Steigende Fallzahlen bei Operationen sind aber an sich kein Problem, sondern ein Ausdruck der Leistungsfähigkeit und der Qualität der medizinischen Versorgung in Deutschland. Das betonte der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Frank Ulrich Montgomery, auf der Diskussionsveranstaltung „Operieren wir in Deutschland zu schnell und zu viel – oder haben wir nur einfach eine bessere Versorgung der Patienten?“. Veranstalter war der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed).
Laut der Antwort des Bundesgesundheitsministeriums hat es im Jahr 2010 in Deutschland mit 295 pro 100.000 Einwohner so viele Hüftoperationen wie nirgendwo sonst in Europa gegeben. In Österreich seien es 249, in Frankreich 223 und in den Niederlanden 213 gewesen. Auch bei Knie-OPs liege Deutschland mit 213 Eingriffen pro 100.000 Einwohner im europäischen Vergleich vorne.
Laut Bundesgesundheitsministerium ist Deutschland dem Blatt zufolge weltweit zudem eines der Länder mit den meisten Kaiserschnitten. Von 1.000 Babys im Jahr 2010 seien 213 per Kaiserschnitt zur Welt gekommen. Im OECD-Vergleich sei der Kaiserschnitt-Anteil mit 447 je 1.000 Geburten lediglich in Mexiko höher gewesen.
Ärztekammerpräsident Montgomery bemängelte, dass bei den Statistiken zu oft „Äpfel mit Birnen verglichen werden“. Er bezog sich damit aber nicht auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Linken, sondern auf neue OECD-Zahlen, die Deutschland angeblich als OP-Weltmeister ausweisen. In einzelnen Fällen wird laut Montgomery zu viel operiert. Die Frage sei aber, ob dies ein Systemproblem sei.
Endoprothetik: Klassisches Alters- und Verschleißproblem
Der BÄK-Präsident veranschaulichte dies am Beispiel der Endoprothetik: Der Gelenkersatz sei eine Erfolgsgeschichte, die Patienten von Schmerzen befreie und ihnen ihre Mobilität wiedergebe. Außerdem würden die Deutschen immer älter. „Mehr Endoprothesen sind ein klassisches Alters- und Verschleißproblem“, so der BÄK-Präsident.
Außerdem werde die Bevölkerung immer dicker, was wiederum zu mehr Verschleiß führe. „Wir können heute Menschen operieren, die vor ein paar Jahren nicht behandelt werden konnten. Und wir versorgen Patienten mit Gelenkersatz unabhängig von der Lebenserwartung“, sagte Montgomery. Der BÄK-Präsident weiter: „Wir operieren viel, wir operieren schnell, und das mit einer sehr guten Qualität. Deutschland hat das bestfunktionierende Gesundheitssystem“.
Ralf Heyder, Generalsekretär des Verbandes der Universitätsklinika (VUD), bezeichnete auf der BVMed-Veranstaltungen Mengensteigerungen in Krankenhäusern als „nicht negativ“. Sie stünden vielmehr für ein leistungsfähiges Krankenhauswesen in einer älter werdenden Gesellschaft und im Umfeld eines großen medizintechnischen Fortschritts. „Wir müssen aber im Bereich der unabhängigen Versorgungsforschung besser werden, um Ursachen von Entwicklungen besser analysieren zu können“, so Heyder.
Die Linke führt die steigenden OP-Zahlen dagegen auf das deutsche Fallpauschalensystem und eine chronische Unterfinanzierung der Krankenhäuser zurück. „Da werden sinnlose Anreize zum Schneiden gesetzt, während die Mittel bei Heilung und Prävention fehlen. Die Fallpauschale muss fallen“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Klaus Ernst der Passauer Neuen Presse. „Wir müssen zurück zum Prinzip Leistung nach Bedarf“, so Ernst gegenüber dem Blatt.
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