Steigende Totgeburtenquote: 3.247 Kinder kamen tot zur Welt

Wiesbaden – Im vergangenen Jahr sind in Deutschland 3.247 Kinder tot geboren worden. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, waren dies 173 Totgeburten oder fünf Prozent weniger als im Jahr zuvor.
Da die Zahl der lebend geborenen Kinder im Vergleich zum Vorjahr aber um sieben Prozent zurückging und damit stärker sank als die Zahl der Totgeburten, stieg die sogenannte Totgeburtenquote – die relative Zahl der Totgeburten je 1.000 Geborenen – von 4,3 auf 4,4.
Tendenziell nimmt die Totgeburtenquote in Deutschland den Angaben zufolge seit 2010 zu. Die Ursachen des seit über zehn Jahren zu beobachtenden Anstiegs der Totgeburtenquote sind nach Angaben des Statistischen Bundesamts noch nicht hinreichend erforscht und daher nicht sicher zu benennen.
Das steigende Durchschnittsalter der werdenden Mütter – in höherem Alter ist das Risiko einer Totgeburt im Durchschnitt größer – könne es nicht erklären, da die Quote in den vergangenen Jahren in allen Altersgruppen tendenziell gestiegen sei.
Als tot geboren gelten in Deutschland Kinder, bei denen sich während oder nach der Geburt kein Herzschlag oder eine pulsierende Nabelschnur gezeigt hat und bei denen die natürliche Lungenatmung außerhalb des Mutterleibs nicht einsetzt.
Seit 2018 muss für eine Erfassung als Totgeburt entweder das Gewicht des Kindes bei der Geburt mindestens 500 Gramm betragen oder die 24. Schwangerschaftswoche erreicht sein. Anderenfalls handelt es sich nach Angaben des Bundesamts rechtlich gesehen um eine Fehlgeburt, die nicht im Personenstandsregister beurkundet wird.
Damit fallen mehr Fälle in diese Definition, wie der Chefarzt der Sana-Kliniken Duisburg, Markus Schmidt, erklärt. „Ein Kind mit 450 Gramm in der 25. Schwangerschaftswoche wäre nach alter Definition eine Fehlgeburt gewesen, nach neuer Definition ist es eine Totgeburt.“ Ob Tot- oder Fehlgeburt, das macht einen Unterschied für die Familie: Nach einer Totgeburt hat eine Frau ein Anrecht auf Mutterschutz und das Kind muss bestattet werden.
Das Problem mit der neuen Definition ist, dass internationale Vergleiche schwieriger geworden sind. Österreich hat laut Schmidt weiter die alte Definition, die Niederländer ziehen die Grenze ab der 25. Woche, die WHO-Definition liegt bei 1.000 Gramm. Aber die veränderte Definition ist nur die eine Seite. Auch ohne sie gibt es Schmidt zufolge „einen dezenten Trend“ für einen Anstieg.
„Der Grund ist, dass es immer mehr Schwangerschaftsrisiken gibt“, so der Gynäkologe. Das Durchschnittsalter der Mütter steigt, ebenso die Zahl der Mütter mit Krankheiten wie Adipositas oder Diabetes. „Wir betreuen heute viele Frauen, denen man früher von einer Schwangerschaft abgeraten hätte oder die nicht schwanger geworden wären“, so Schmidt.
Diese Schwangerschaften gehen demnach mit einem höheren Risiko einher. Um dem entgegenzuwirken helfen engmaschigere Kontrollen während der Schwangerschaft. Wichtig sei aber auch Aufklärung, sagt Schmidt, etwa dass Frauen das Risiko durch Rauchen oder Trinken nicht zusätzlich erhöhen sollen.
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