Ärzteschaft

Steiner: Bürokratieabbau möglichst schnell angehen

  • Freitag, 7. März 2025
Sibylle Steiner, Mitglied des KBV-Vorstands. /Screenshot DÄ
Sibylle Steiner, Mitglied des KBV-Vorstands. /Screenshot DÄ

Berlin – Man brauche dringend eine Politik, die ambulante Strukturen „endlich als unverzichtbares und tragendes Element“ begreift, mahnte heute Sibylle Steiner, Mitglied des Vorstands der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Neben angemessenen Vergütungsregelungen forderte sie mit Nachdruck Bürokratieabbau sowie „das Voranbringen einer sinnvollen Digitalisierung“ ein.

Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten müssten immer mehr Zeit mit administrativen Tätigkeiten verbringen, anstatt sich der Patientenversorgung widmen zu können, so Steiner. Dies führe zu Frustration, Mehraufwand und einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in den Praxen. Von der neuen Bundesregierung forderte sie „innerhalb der ersten 100 Tage ein Bürokratieentlastungsgesetz“ für die vertragsärztliche und -psychotherapeutische Versorgung.

Dazu habe man dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) bereits entsprechende Vorschläge unterbreitet – „von A wie Antrags- und Genehmigungsverfahren in der Psychotherapie bis Z wie Zulassungsverfahren“. Zudem arbeite man auch als KV-System mit den Krankenkassen sowie mit anderen Partnern gemeinsam daran, die Bürokratielast für die Praxen weiter zu reduzieren. Hier biete die Digitalisierung gewisse Chancen.

Zur Digitalisierung im Gesundheitswesen verwies Steiner darauf, dass die Praxen den „mit Abstand am stärksten digitalisierte und digital vernetzte Bereich“ darstellen. Und dies „aus eigenem Engagement und mit Eigenmitteln“. Trotzdem müssten Praxen noch immer hybrid arbeiten, weil viele andere Akteure noch gar nicht an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen sind – oder diese schlicht nicht ausreichend nutzen. Zu kritisieren seien hier beispielsweise die Krankenhäuser, die für den Entlassbrief die TI-Anwendung Kommunikation im Medizinwesen (KIM) noch immer so gut wie gar nicht nutzen würden.

Zusätzlich zu einer stärkeren Vernetzung aller relevanten Akteure brauche man künftig auch mehr Unterstützung aus der Politik für die gezielte Förderung von innovativer Praxis-IT und den Ausbau der Terminbuchungsplattform 116117. „Wir brauchen ein Praxiszukunftsgesetz – vergleichbar mit dem steuerfinanzierten Krankenhauszukunftsgesetz.“ Das geplante Sondervermögen für die Infrastruktur müsse deshalb mit einem Praxiszukunftsgesetz einhergehen, so Steiner.

Sie appellierte zudem an künftige politische Entscheider, umzudenken: Der weitere Digitalisierungsprozess in der ambulanten Versorgung müsse durch gezielte Anreize statt Sanktionen vorangetrieben werden. „Sanktionen beim Honorar und Kürzungen der TI-Pauschale sind abzuschaffen.“ Stattdessen sollten „Early Adopters“ – also Praxen, die sich als Vorreiter bei der Digitalisierung hervor tun – gezielt gefördert werden.

Einen wesentlichen Faktor für die erfolgreiche Digitalisierung stellten eine stabile TI und nutzerfreundliche Anwendungen dar, so Steiner. In diesem Zusammenhang sprach sie auch die laufende Testphase der elektronischen Patientenakte (ePA) in den Modellregionen in Hamburg und Franken sowie in den Pilotregionen Nordrhein und Westfalen-Lippe kritisch an.

Auch sieben Wochen nach Beginn der Testphase lasse sich immer noch keine valide Aussage darüber treffen, ob die ePA im Praxisbetrieb funktioniert. Von den etwa 230 teilnehmenden Praxen hätten knapp ein Viertel noch nicht einmal ein ePA-Modul und bei etwa der Hälfte der Praxen weist das ePA-Modul noch schwerwiegende Fehler auf.

So verfüge man über keine belastbare Grundlage dafür, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den bundesweiten Roll-out für „voraussichtlich Ende März, Anfang April“ ankündigt. Auch von denjenigen Praxen, die die ePA testen, spreche sich die überwältigende Mehrheit gegen einen zu frühen Roll-out aus.

Erst wenn sich die ePA in den Testregionen im Praxisbetrieb bewährt hat und alle Sicherheitslücken nach Prüfung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) geschlossen sind, könne die ePA bundesweit starten. Genau das habe das BMG in der Gesellschafterversammlung der gematik verbindlich mitbeschlossen – und daran solle festgehalten werden.

„In diesem Sinne fordern wir in aller Deutlichkeit: Die Testphase muss verlängert werden. Unabdingbare Voraussetzung ist die positive Bestätigung des BSI, dass die Sicherheitslücken geschlossen sind. Erst dann sind weitere Schritte möglich“, machte Steiner deutlich.

aha

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