Strahlenschutz: „Ein Höchstmaß an Sicherheit“ in der Nuklearmedizin

Berlin – Mehr als drei Millionen nuklearmedizinische Untersuchungen und Behandlungen finden in Deutschland jährlich statt. Das neue Strahlenschutzgesetz, das Anfang des Jahres in Kraft getreten ist, stellt in den Vordergrund, dass der Einsatz radioaktiver Tracer unter größtmöglichem Schutz des Patienten, des Arztes, dessen Mitarbeiter und der Umwelt stattfinden muss.
„Die Nuklearmedizin war schon immer ein streng überwachtes Gebiet, das neue Strahlenschutzgesetz garantiert nun ein Höchstmaß an Sicherheit für Patienten und Angehörige‘“, sagte Detlef Moka, erster Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Nuklearmediziner, auf einer Pressekonferenz in Berlin.
Bislang war der Strahlenschutz in Deutschland in Verordnungen geregelt und im Atomgesetz verortet. Schon immer galt: Wenn einem Patienten Radioaktivität verabreicht wird, muss sichergestellt werden, dass dies wirklich notwendig ist und andere Diagnosemethoden oder Therapien nicht infrage kommen.
Rechtfertigende Indikation notwendig
Doch „die Gesetzesnovelle hebt noch einmal stärker als die bisherigen Verordnungen die Notwendigkeit hervor, vor der Anwendung radioaktiver Stoffe oder ionisierender Strahlung die rechtfertigende Indikation zu stellen“, betonte Goli-Schabnam Akbarian, Leiterin des Referats „Strahlenschutzrecht; ionisierende Strahlung“ beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) in Bonn.
Die Entscheidungen, ob die Anwendung einer Untersuchung oder Behandlung gerechtfertigt ist, werden weiterhin – wie auch schon vor dem neuen Gesetz – alle zwei Jahre in allen nuklearmedizinischen Klinikabteilungen und Praxen durch die Ärztlichen Stellen Strahlenschutz überprüft. „Bei diesen Prüfungen müssen die nuklearmedizinischen Ärzte nachweisen, dass für ihre diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen eine ausreichende rechtfertigende Indikation vorlag, die Untersuchungen technisch einwandfrei waren und der daraus resultierende Befund medizinisch richtig war“, sagte Moka.
Auflagen bei Verstößen
Werden in einer Klinik oder Praxis (kleinere) Verstöße festgestellt, erfolgt eine Beratung mit Auflagen zur Verbesserung und eine erneute Überprüfung. Bei schwerwiegenden Verstößen werden die betroffenen Ärzte an die zuständige Bezirksregierung beziehungsweise das Landesministerium gemeldet.
Weitere neue Regelungen des Strahlenschutzgesetzes sehen schriftliche Arbeitsanweisungen für alle Untersuchungen und Behandlungen vor. „Bisher waren diese nur für häufige Untersuchungen und Behandlungen vorgeschrieben, aber gerade für die selteneren Arbeiten sind solche Anweisungen wichtig“, betonte Birgit Keller, Leiterin des Referats „Anwendung ionisierender Strahlung am Menschen; nicht ionisierende Strahlung“ am BMU.
Vor jeder nuklearmedizinischen Untersuchung beziehungsweise Behandlung muss dem neuen Gesetz zufolge eine Risikoanalyse durchgeführt werden, um herauszufinden, „an welcher Stelle es zu risikobehafteten Handlungen kommen könnte, etwa einer Verwechslung von Patienten“, wie Keller erklärte. Der (schon immer vorgeschriebene) Behandlungsplan muss nun zwingend zusammen mit einem Medizinphysikexperten erstellt werden.
Das neue Gesetz stärkt die Rolle des Medizinphysikexperten, der für den Strahlenschutz des Patienten zentral mitverantwortlich ist. Die Experten vor Ort sahen hier personelle Engpässe vorher. „Medizinphysikexperten sind bereits heute Mangelware “, sagte Michael Kreißl, Leiter der Nuklearmedizin an der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, und durch das neue Gesetz müssten noch mehr „vorgehalten“ werden als bisher.
Doch nicht nur um die Sicherheit der Patienten drehen sich die neuen Vorgaben des Strahlenschutzgesetzes: Erstmals ist nun auch der Strahlenschutz von Angehörigen und Dritten gesetzlich verankert. „Patienten dürfen erst entlassen werden, wenn sie nicht mehr Strahlendosis als ein Millisievert an Angehörige und Dritte abgeben können“, so Keller. Bisher war diese Vorgabe nur in den Richtlinien erwähnt.
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