Streit um EU-Chemikalienverordnung spitzt sich zu

Brüssel – Der Streit um strengere EU-Chemikalienvorgaben etwa für die Zulassung von Stoffen in Verbraucherprodukten wie Putzmitteln spitzt sich zu. Während sich Umweltgruppen und mehrere EU-Staaten für eine schnelle Verschärfung einsetzen, warnen Europaabgeordnete der CDU und CSU und Industrievertreter vor negativen Auswirkungen für Unternehmen.
Die chemische Industrie leide unter den hohen Energiepreisen, und nun fordere Bundesumweltministerin Steffi Lemke noch mehr EU-Regulierung, kritisierte Daniel Caspary, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament. Die grüne Ministerin habe den Sinn für die Realitäten verloren.
Lemke hatte in einem Brief an die EU-Kommission eine zügige Überarbeitung der EU-Chemikalienverordnung Reach gefordert. „Die Überarbeitung ist von größter Bedeutung, um das Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu erhöhen“, heißt es in dem Schreiben, das auch von den Umweltministern aus Frankreich, Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Luxemburg und Norwegen unterschrieben wurde. Es sei nicht an der Zeit, Rückschritte zu machen.
Mit der Überarbeitung der Reach-Verordnung soll unter anderem sichergestellt werden, dass bedenkliche Stoffe schnell erkannt werden und dann gegebenenfalls nicht mehr in Produkten für Verbraucher verwendet werden. Das System besteht seit 2007. Künftig sollen auch mehr Daten über Chemikalien erfasst werden, bevor diese zugelassen werden, hieß es bei der Ankündigung der Überarbeitung im Jahr 2020.
Eigentlich wollte die EU-Kommission noch in diesem Jahr einen Vorschlag für eine Revision der Verordnung machen. Auf der vorläufigen Agenda der Vorhaben der EU-Kommission ist ein solcher Vorschlag für dieses Jahr aber nicht mehr vorgesehen.
Die Verbraucherschutzorganisation Chem Trust Europe befürchtet, dass durch eine mögliche Verschiebung Jahre für einen besseren Umwelt- und Verbraucherschutz verloren gehen könnten. Da der ursprüngliche Zeitplan aus dem Jahr 2020 stammt, wird eine Verzögerung der Überarbeitung etwa angesichts hoher Energiepreise und des Kriegs gegen die Ukraine schon länger diskutiert.
Aus Sicht der Unions-Europaabgeordneten wäre eine Verschärfung der Vorschriften falsch, da dies zusätzlichen Aufwand und für die chemische Industrie bedeute. Ähnlich sieht das der Verband der Chemischen Industrie (VCI). Die EU habe bereits die weltweit höchsten Standards der Chemikaliensicherheit, sagte ein VCI-Sprecher der taz zufolge.
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