Streit um Notfallversorgung in Rheinland-Pfalz

Mainz – In Rheinland-Pfalz ist ein Streit um die Notfallversorgung entbrannt. Der SWR hatte berichtet, im vergangenen Jahr hätten die Rettungswagen in Tausenden Fällen zu lange bis zum Einsatzort gebraucht. Das Innenministerium wehrt sich gegen Vorwürfe. Innenstaatssekretär Randolf Stich (SPD) erklärte heute, im Schnitt seien die Rettungsfahrzeuge nach sieben Minuten und 33 Sekunden am Einsatzort. Dem SWR zufolge brauchten die Rettungsdienste 2017 in eher ländlichen Gebieten mehr als fünfzehn Minuten bis zum Patienten.
Die gesetzliche Grenze in Rheinland-Pfalz liegt bei fünfzehn Minuten. Dann muss der Rettungsdienst in einem Notfall beim Patienten sein. Diese Hilfeleistungsfrist gilt, wenn der Einsatzort an einer öffentlichen Straße liegt und bezieht sich auf die Fahrzeit. „Die gesetzliche Hilfeleistungsfrist wird in mehr als 93 Prozent aller Notfalleinsätze im Land erreicht“, erklärte Stich.
Aus Sicht des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) Rheinland-Pfalz ist es unmöglich, die gesetzliche Frist in jedem Fall einzuhalten. Naturereignisse wie beispielsweise Glatteis, aber auch technische Defekte oder Unfälle während der Anfahrt könnten zu Verzögerungen führen, erklärte Ralf Seibert, ASB-Referent für Notfallvorsorge. „Allein von daher sind 100 Prozent ja nie erreichbar.“ Das sei in anderen Bundesländern nicht anders. Aus medizinischer Sicht gelte: „Je schneller jemand da ist, desto besser ist es.“
Ähnlich äußerte sich die Landesärztekammer Rheinland-Pfalz. Wartezeiten könnten je nach Lebenssituation lebensgefährlich sein, erklärte eine Sprecherin. Im Flächenland Rheinland-Pfalz könne nicht jeder Ort zu jeder Jahreszeit schnell erreicht werden. „Das gilt besonders für die Höhenlagen außerhalb der urbanen Ballungsräume.“
ASB-Referent Seifert betonte, nicht nur die Anfahrtszeit sei wichtig. Vielmehr müsse öfter Erste Hilfe geleistet werden. „Der Zeitpunkt vom Erkennen eines Notfalls bis zum Eintreffen der Hilfe ist der kritische Zeitraum.“ Dann sei es wichtig, dass Zeugen beispielsweise eine stark blutende Wunde versorgten oder einen Bewusstlosen in die stabile Seitenlage brächten. „Wenn was passiert, kann man auch mal zehn, 15 Minuten überbrücken“, sagte Seibert. „Wenn man das flächenmäßig noch stärker machen würde, würde uns das gesamtgesellschaftlich mehr bringen als zu sagen, wir gehen auf acht oder sieben Minuten.“
Die Rettungsdienste hatten im vergangenen Jahr mehr als eine Million Einsätze in Rheinland-Pfalz. Um sie mittelfristig zu entlasten, sollen sie laut Ministerium künftig keine Krankenfahrten mehr übernehmen. Dadurch würden die Fahrzeuge frei bleiben und könnten unter Umständen bei einem Notfall schneller vor Ort sein.
Eine entsprechende Regelung wurde Anfang Dezember getroffen. Die Anordnung hierfür solle im Laufe der aktuellen Woche verschickt werden, erklärte das Ministerium. Sie gelte dann mit sofortiger Wirkung. Bei Krankenfahrten gebe es keine medizinische Betreuung.
Das sei beispielsweise der Fall, wenn ein Patient aus der stationären Behandlung entlassen wird. Noch gebe es in Rheinland-Pfalz aber zu wenige Anbieter für Krankenfahrten, erklärte das Ministerium. „Dort, wo es solche Unternehmen noch nicht gibt, übernimmt übergangsweise weiterhin der Rettungsdienst.“
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