Politik

Studie: Opt-out-Regelung für elektronische Patientenakte sinnvoll

  • Dienstag, 26. Oktober 2021

München – Die strikten Opt-in-Verfahren bei Anlage und Zugriff auf die elektronische Patientenakte (ePA) für Nutzer und Leistungserbringer sollte überdacht und stattdessen mit einem gestuften Opt-out geregelt werden. Dies ist die Kernaussage der heute vorgestellten Untersuchung „Die elektronische Pa­tientenakte und das europäische Datenschutzrecht“ der Stiftung Münch.

Christoph Krönke, Institut für Österreichisches und Europäisches Öffentliches Recht der Wirtschaftsuni­versität Wien, analysierte im Auftrag der Stiftung Münch die Möglichkeiten zur datenschutzkonformen Ausgestaltung der elektronischen Patientenakte (ePA) im europäischen Rechtsvergleich mit Österreich, Estland und Spanien.

Der deutsche Gesetzgeber habe es in zentralen Punkten versäumt, ein wirksames Patientenaktensystem zu schaffen, das die Spielräume der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) voll ausschöpft, so das Fazit. „Insbesondere die strikte Entscheidung in Deutschland für ein Opt-in bei der Anlage und der Zu­griffsgestaltung könnte innerhalb der DSGVO anders geregelt werden, ohne dass die Patientensouveräni­tät missachtet wird“, betont Krönke.

Im europäischen Rechtsvergleich würden durchaus Spielräume für eine progressivere Ausgestaltung des Patientenaktensystems zutage treten. So sei beispielsweise die in Österreich gewählte Lösung ausgewo­ge­nen und könne als Positivbeispiel dienen – vor der Einspeicherung von ganz besonders sensiblen Ge­sundheitsdaten werde hier ausnahmsweise auf eine Willensbetätigung des Patienten hingewirkt.

„Gerade einmal 0,5 Prozent der Bevölkerung nutzen bisher eine ePA“, betonte Boris Augurzky, Vorstands­vorsitzender der Stiftung Münch. Man sehe es deshalb als unverzichtbar an, dass der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen im Sinne von Versorgungsqualität und Effizienz anpasst.

Patientensouveränität und die Wirksamkeit einer ePA dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden, sagte Krönke. Gerade wenn die digitale Akte nicht befüllt werde, könne der Nutzer im Bedarfsfall nicht auf relevante Inhalte zugreifen – und damit keine informierte, selbstbestimmte Entscheidung über den weiteren Umgang mit der eigenen Gesundheit treffen.

„Damit wird die informationelle Selbstbestimmung letztlich geschwächt“, so Krönke. In Anbetracht der Vorzüge eines autonomiesichernd ausgestalteten Opt-outs dränge sich der Schluss auf, dass die Imple­mentierung eines solchen Modells den Bedürfnissen eines modernen Gesundheitssystems weitaus bes­ser Rechnung tragen würde als ein striktes Opt-in Modell, wie es derzeit in Deutschland gilt.

aha

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung