Studie: Opt-out-Regelung für elektronische Patientenakte sinnvoll
München – Die strikten Opt-in-Verfahren bei Anlage und Zugriff auf die elektronische Patientenakte (ePA) für Nutzer und Leistungserbringer sollte überdacht und stattdessen mit einem gestuften Opt-out geregelt werden. Dies ist die Kernaussage der heute vorgestellten Untersuchung „Die elektronische Patientenakte und das europäische Datenschutzrecht“ der Stiftung Münch.
Christoph Krönke, Institut für Österreichisches und Europäisches Öffentliches Recht der Wirtschaftsuniversität Wien, analysierte im Auftrag der Stiftung Münch die Möglichkeiten zur datenschutzkonformen Ausgestaltung der elektronischen Patientenakte (ePA) im europäischen Rechtsvergleich mit Österreich, Estland und Spanien.
Der deutsche Gesetzgeber habe es in zentralen Punkten versäumt, ein wirksames Patientenaktensystem zu schaffen, das die Spielräume der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) voll ausschöpft, so das Fazit. „Insbesondere die strikte Entscheidung in Deutschland für ein Opt-in bei der Anlage und der Zugriffsgestaltung könnte innerhalb der DSGVO anders geregelt werden, ohne dass die Patientensouveränität missachtet wird“, betont Krönke.
Im europäischen Rechtsvergleich würden durchaus Spielräume für eine progressivere Ausgestaltung des Patientenaktensystems zutage treten. So sei beispielsweise die in Österreich gewählte Lösung ausgewogenen und könne als Positivbeispiel dienen – vor der Einspeicherung von ganz besonders sensiblen Gesundheitsdaten werde hier ausnahmsweise auf eine Willensbetätigung des Patienten hingewirkt.
„Gerade einmal 0,5 Prozent der Bevölkerung nutzen bisher eine ePA“, betonte Boris Augurzky, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Münch. Man sehe es deshalb als unverzichtbar an, dass der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen im Sinne von Versorgungsqualität und Effizienz anpasst.
Patientensouveränität und die Wirksamkeit einer ePA dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden, sagte Krönke. Gerade wenn die digitale Akte nicht befüllt werde, könne der Nutzer im Bedarfsfall nicht auf relevante Inhalte zugreifen – und damit keine informierte, selbstbestimmte Entscheidung über den weiteren Umgang mit der eigenen Gesundheit treffen.
„Damit wird die informationelle Selbstbestimmung letztlich geschwächt“, so Krönke. In Anbetracht der Vorzüge eines autonomiesichernd ausgestalteten Opt-outs dränge sich der Schluss auf, dass die Implementierung eines solchen Modells den Bedürfnissen eines modernen Gesundheitssystems weitaus besser Rechnung tragen würde als ein striktes Opt-in Modell, wie es derzeit in Deutschland gilt.
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