Medizin

Stufenweise Palliativmedizin verbessert Lebensqualität bei Lungenkrebs

  • Freitag, 14. Juni 2024
/Seventyfour, stock.adobe.com
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Boston – Obwohl eine frühe palliative Behandlung die Lebensqualität von Patienten mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen verbessern kann, wird sie selten eingesetzt. US-Mediziner stellten jetzt auf der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) in Chicago ein vereinfachtes Modell vor, das mit weniger Arztterminen auskommt, nach einer Studie im amerikanischen Ärzteblatt (JAMA, 2024; DOI: 10.1001/jama.2024.10398) jedoch keine Nachteile für die Patienten haben soll.

Eine palliative Behandlung wird häufig erst begonnen, wenn alle onkologischen Behandlungsversuche gescheitert sind. Mediziner des Massachusetts General Hospital in Boston hatten bereits vor Jahren ein Konzept entwickelt, bei dem die Patienten gleich nach der Diagnose einer unheilbaren Krebserkrankung von einem Palliativteam betreut werden. Die frühe palliativmedizinische Behandlung erfolgt dabei parallel zur onkologischen Behandlung, die versucht, den Tumor so weit wie möglich zurückzudrängen.

In einer randomisierten Studie, die Jennifer Temel und Mitarbeiter vor 14 Jahren im New England Journal of Medicine (2010; DOI: 10.1056/NEJMoa100067) publizierten, hat die frühe palliative Behandlung Patienten, bei denen ein nicht-kleinzelliger Lungenkrebs erst im metastasierten Stadium entdeckt wurde, bei der Bewältigung der Diagnose geholfen.

Die Patienten gaben auf der „Functional Assessment of Cancer Therapy–Lung“ (FACT-L) am Ende eine bessere Lebensqualität an als unter der normalen Betreuung. Dies war vor allem auf eine geringere Zahl von Patienten zurückzuführen, die depressive Symptome (16 % versus 38 %) entwickelten.

Bemerkenswert war auch, dass die mittlere Überlebenszeit in der frühen Palliativgruppe mit 11,6 Monaten versus 8,9 Monaten länger war, obwohl weniger Patienten vor Ende ihres Lebens eine aggressive onkologische Behandlung erhalten hatten (33 % versus 54 %).

Die US-Fachgesellschaften, etwa die American Society of Clinical Oncology, empfehlen mittlerweile eine frühe palliative Betreuung, eingeführt wurde sie jedoch nur an wenigen Kliniken. Als Argument wird der Mangel an Palliativmedizinern angeführt, die es vor allem in ärmeren Regionen der USA kaum gibt.

Die Palliativmediziner haben deshalb ein reduziertes stufenweises Konzept entwickelt. Die Patienten werden dabei weiterhin gleich nach der Diagnose palliativmedizinisch betreut. Die Anschlusstermine wurden jedoch deutlich eingeschränkt. Statt regelmäßiger Termine im Abstand von vier Wochen erfolgt eine Betreuung nur noch, wenn eine Therapieänderung vorgesehen ist.

Wie Temel und Mitarbeiter berichten, halbierte sich die Zahl der palliativmedizinischen Visiten in den ersten 24 Wochen von 4,7 auf 2,4 pro Patient. Auch die Zahl der Tage, die die Patienten im Hospiz verbrachten, ging von 34,6 auf durchschnittlich 19,5 zurück. Trotzdem gab es keinen Rückgang der Lebensqualität im FACT-L oder eine Zunahme von depressiven Symptomen.

Angaben zu den Überlebenszeiten machen Temel und Mitarbeiter nicht. Seit der letzten Studie hat es in der Behandlung beim nicht-kleinzelligen Lungenkrebs deutliche Fortschritte gegeben. Auffällig ist, dass die Patienten mit gestufter palliativer Betreuung seltener eine Immuntherapie (8,8 % versus 15,2 %) und seltener eine orale gezielte Therapie (19,5 % versus 16,0 %) erhielten.

rme

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