Vermischtes

Treibhausgas­emissionen in Deutschland sinken um 10 Prozent

  • Freitag, 15. März 2024
/maradek, stock.adobe.com
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Bonn – Die im Jahr 2023 in Deutschland emittierten Treibhausgase (THG) sind im Vergleich zum Vorjahr um 10,1 Prozent auf 674 Millionen Tonnen gesunken – der größte Rückgang seit dem Jahr 1990. Das geht aus einer Analyse des Umweltbundesamtes (UBA) hervor, die heute veröffentlicht wurde.

Die Hauptgründe für den Rückgang sind der gestiegene Anteil erneuerbarer Energien, ein Rückgang der fossilen Energieerzeugung und eine gesunkene Energienachfrage bei Wirtschaft und Erzeugern. Wie der Präsident des UBA, Dirk Messner, heute erklärte, erscheine auf dieser Basis ein Erreichen der nationalen Klimaziele bis zum Jahr 2030 wieder möglich. Deutschland hat es sich dabei zum Ziel gesetzt, die Emissionen bis 2030 im Vergleich zum Jahr 1990 um 65 Prozent zu senken.

Die Weltgesundheitsorganisation bezeichnet den Klimawandel als „die größte Gesundheitsbedrohung für die Menschheit“. Gelingt in den einzelnen Staaten beziehungsweise weltweit eine Reduktion der Treibhausgas­emissionen, reduziert sich grundsätzlich auch das Ausmaß dieser Bedrohung.

Die einmal pro Jahr erscheinende Analyse des UBA gliedert die Emissionen in sechs Bereiche: Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft sowie Abfallwirtschaft und Sonstiges. Das Bundes-Klimaschutzgesetz sieht zudem Zielwerte für jedes Jahr vor, die in dem jeweiligen Sektor erreicht werden müssen. Im Sektor Energiewirtschaft sind die THG-Emissionen 2023 gegenüber dem Vorjahr um 20,1 Prozent auf 205 Millionen Tonnen gesunken. Dies sei auf einen geringeren Einsatz fossiler Brennstoffe zur Erzeugung von Strome und Wärme zurückzuführen, vor allem von Braunkohle, Steinkohle und Erdgas, so das UBA.

Im Bereich Industrie sanken die Emissionen um 7,7 Prozent auf 155 Millionen Tonnen. „Auch hier wird der Emissionsrückgang durch den gesunkenen Einsatz fossiler Brennstoffe, insbesondere von Erdgas und Steinkohle, bestimmt“, so das UBA. „Wichtige Treiber dieses Trends sind die negative konjunkturelle Entwicklung und gestiegene Herstellungskosten, die zu Produktionsrückgängen führten.“

Weit hinter den Zielen des Bundes-Klimaschutzgesetz zurück liegt alleine der von der FDP verantwortete Verkehrssektor. Zwar sanken die Emissionen in diesem Bereich um 1,2 Prozent auf 146 Millionen Tonnen, doch liegt dieser Ausstoß deutlich über dem Zielwert von 133 Millionen Tonnen.

Emissionen des Gesundheitswesens bleiben hoch

Die Treibhausgasemissionen des deutschen Gesundheitswesens werden vom UBA nicht gesondert erfasst. Eine Analyse des PIK aus dem Dezember des vergangenen Jahres ergab allerdings, dass das Gesundheitswesen im Jahr 2019 etwa 68 Millionen Tonnen Treibhausgase emittiert hat. Die gesamten Emissionen Deutschlands lagen 2019 bei 805 Millionen Tonnen.

„Entgegen dem Trend der Gesamtemissionen Deutschlands ist der THG-Fußabdruck des Gesundheitswesens im Betrachtungszeitraum 2008 bis 2019 nicht gesunken, sondern tendenziell leicht gestiegen“, heißt es in der Studie. „Sinkende THG-Emissionen, die insbesondere aus der Verbesserung der THG-Intensität des deutschen Energiesystems in den letzten zehn Jahren resultieren, werden im Gesundheitswesen durch steigende THG-Emissionen aus dem Konsum von Gütern und Dienstleistungen aus dem Ausland überkompensiert, die etwa die Hälfte des THG-Fußabdrucks des deutschen Gesundheitswesens ausmachen.“ Damit sind Güter und Dienstleistungen aus der Vorleistungskette des Gesundheitswesens gemeint.

„Die stationären und teilstationären Einrichtungen haben mit 36 Prozent den größten Anteil am THG-Fußabdruck des Gesundheitswesens“, heißt es weiter. Die Analyse unterstreiche die Notwendigkeit einer umfassenden Treibhausgasbilanzierung auf Einrichtungsebene, um gezielte Maßnahmen zur Emissionsminderung zu unterstützen. Der Deutsche Ärztetag hat eine Klimaneutralität des deutschen Gesundheitswesens bis zum Jahr 2030 gefordert.

Zusätzliche Maßnahmen jetzt beschließen

Der Präsident des Wuppertal Instituts, Manfred Fischedick, ordnete die aktuelle Analyse des UBA im Hinblick auf die kommenden Jahre ein: „Erfreulich ist, dass die jährlich durch das Umweltbundesamt aktualisierte Projektion der Treibhausgasemissionen nun erstmals zeigt, dass Deutschland sein Klimaschutzziel für die gesamten Treibhausgasemissionen im Jahr 2030 einhalten könnte“, erklärte Fischedick. „Dieser gegenüber den Vorjahren optimistischere Ausblick der Emissionsentwicklung bis 2030 ist in großen Teilen den klimapolitischen Weichenstellungen der aktuellen Bundesregierung zu verdanken.“ Beigetragen hätten hierzu unter anderem die verbesserten Rahmenbedingungen zum Ausbau der erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung, die Anpassungen bei der Bundesförderung für effiziente Gebäude sowie die Erhöhung der Lkw-Maut.

„Allerdings sollte weder der deutliche Rückgang der Treibhausgasemissionen im vergangenen Jahr noch die Verbesserungen in der Projektion der Treibhausgasemissionen dazu führen, dass sich Deutschland beim Klimaschutz bereits auf Kurs wähnt und seine Klimaschutzbemühungen in den kommenden Jahren runterfährt“, so Fischedick weiter. Denn vorliegende Projektionen gingen weiterhin davon aus, dass bei einer Fortschreibung der bisherigen Entwicklungen und politischen Maßnahmen das Ziel der Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2045 deutlich verfehlt werden wird.

Bei der Förderung von Öl und Gas entweicht mehr Methan in die Atmosphäre als bisher angenommen. Das geht aus der Studie „US oil and gas system emissions from nearly one million aerial site measurements“ von Evan D. Sherwin et al. hervor, die im Fachjournal Nature veröffentlicht wurde.

Für die Studie haben die Wissenschaftler in den Jahren 2020 und 2021 circa eine Million Messungen in sechs Förderregionen der USA vorgenommen, in denen 52 Prozent der Onshore-Ölförderung und 29 Prozent der Gasförderung des Landes stattfinden. Dabei konnten sie zeigen, dass knapp drei Prozent des geförderten Methans direkt in die Atmosphäre entweicht – dreimal mehr, als die US-Regierung bislang berücksichtigt.

Methanemissionen vergrößern CO2-Abdruck von Erdgas
„Die gute Nachricht der Studie ist, dass wir durch gezieltes Abstellen von einzelnen, starken Lecks im Einvernehmen mit Produzenten schnelle Fortschritte im Klimaschutz erzielen können“, kommentierte der Leiter der Arbeitsgruppe „Atmospheric Emissions, Abteilung Atmosphere“ am National Institute of Water & Atmospheric Research (NIWA) in Wellington, Hinrich Schaefer, die Ergebnisse der Studie. „Die schlechte Nachricht ist, dass fossile Brennstoffe noch umweltschädlicher sind als weithin angenommen und ein schneller Ausstieg ihrer Nutzung noch dringlicher wird.“

Bislang galt vor allem Erdgas als vergleichsweise sauberer fossiler Energieträger, da bei dessen Verbrennung weniger Kohlendioxid frei wird als bei der Verbrennung von Braun- oder Steinkohle. Wenn allerdings bei der Förderung von Erdgas das starke Treibhausgas Methan in die Atmosphäre gelangt, vergrößert sich zwangsläufig der CO2-Abdruck von Erdgas.

fos

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