Ausland

Trump wirft Ärzten vor, sich an Coronapandemie zu bereichern

  • Montag, 2. November 2020
US-Präsident Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung. /picture alliance, AP, Evan Vucci
US-Präsident Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung. /picture alliance, AP, Evan Vucci

Waterford – US-Präsident Donald Trump hat Ärzten in den USA kurz vor der Wahl unter­stellt, sich an der Coronapandemie zu bereichern. „Unsere Ärzte bekommen mehr Geld, wenn je­mand an COVID stirbt. Das ist euch klar, oder?“, sagte er an seine Anhänger ge­wandt bei einem Wahlkampfauftritt im umkämpften Bundesstaat Michigan. Dabei nahm der Präsident auch die Entwicklung in Deutschland in den Blick.

„In den Medien heißt es immer: ,Deutschland, Deutschland, Deutschland'“, sagte Trump. Deutschland habe aber eine „andere Zählweise“. „Wenn man in Deutschland herzkrank ist und im Sterben liegt, oder man hat Krebs und wird bald sterben, und dann bekommt man COVID – das passiert – dann machen wir COVID verantwortlich“, fügte er hinzu.

Sein nicht belegter Vorwurf gegen die Mediziner blieb nicht unwiderspochen. Der demo­kratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden warf dem Amtsinhaber erneut Versagen im Coronakrisenmanagement vor.

Trump „wirft dem medizinischen Personal vor, COVID-19-Tote zu erfinden, um mehr Geld zu machen“, sagte Biden bei einem Wahlkampfautritt in Minnesota. „Ärzte und Pfleger gehen jeden Tag zur Arbeit und retten Menschenleben. Sie machen ihren Job. Donald Trump sollte aufhören, sie zu attackieren und seinen eigenen Job machen.“

Kurz vor der US-Präsidentschaftswahl haben sich erneut auch der Seuchenexperte Antho­ny Fauci und das Weiße Haus öffentlich über den richtigen Umgang mit der Pandemie ge­stritten.

Mit Blick auf die erneute deutliche Zunahme der Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 sagte Fauci in einem vorgestern veröffentlichten Interview mit der Washington Post, die Verei­nigten Staaten hätten nicht „schlechter aufgestellt“ sein können. Das Land werde wegen der Pandemie noch „eine Menge Schmerzen“ erleiden.

US-Präsident Donald Trump nehme seine Ratschläge zu verstärkten Vorkehrungen gegen die Pandemie nicht mehr an, kritisierte Fauci, der offiziell zum Beraterstab des Präsiden­ten gehört.

Vielmehr höre Trump auf den Neuroradiologen Scott Atlas, der sich für möglichst wenige Coronabeschränkungen einsetze. „Auf einmal wollten sie unsere Botschaft nicht mehr hö­ren, weil sie nicht dem entsprach, was sie machen wollten“, sagte Fauci in dem Zeitungs­in­terview über Trumps Regierungsmannschaft.

Zugleich lobte Fauci, Trumps demokratischer Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl am Dienstag, Ex-Vizepräsident Joe Biden, nehme die Pandemie „von einem Standpunkt der öffentlichen Gesundheit ernst“.

Die Pressestelle des Weißen Hauses kritisierte Faucis Interviewäußerungen als „inakzep­tabel“. Der Virologe verstoße „gegen jede gängige Praxis (...), indem er sich drei Tage vor einer Wahl entscheidet, Politik zu machen“, erklärte Sprecher Judd Deere.

Das Verhältnis zwischen Trump und dem renommierten Coronaexperten Fauci gestaltet sich schon seit längerem schwierig. Vor zwei Wochen hatte der US-Präsident das promi­nen­teste Mitglied des Corona-Krisenstabes des Weißen Hauses als „Katastrophe“ bezeich­net und Fauci in die Nähe von „Idioten“ gerückt.

Fachzeitschrift nennt Trumps Corona-Politik „katastrophal“

Die weltweit angesehene medizinische Fachzeitschrift The Lancet hat die Coronapolitik von US-Präsident Donald Trump als „katastrophal“ bezeichnet. Die Präsidentenwahl am 3. November sei „der richtige Moment, um Veränderungen zum Besseren einzuleiten“, hieß es am vergangenen Freitag in einem Leitartikel. In diesem wurde allerdings auch nicht ausdrücklich Trumps demokratischer Herausforderer Joe Biden unterstützt.

Die USA hätten nicht angemessen auf die „größte Gesundheitskrise seit einem Jahrhun­dert“ reagiert, schrieb The Lancet. Unter anderem kritisierte der Leitartikel „das ausge­frans­te soziale Sicherheitsnetz“ in den USA, die politische Einmischung in das öffentliche Gesundheitswesen sowie das erodierte Vertrauen in den öffentlichen Sektor. Diese und andere Faktoren hätten eine „katastrophale Reaktion der USA auf die Coronapandemie“ zur Folge gehabt.

Die Trump-Administration habe die Schutzmaßnahmen für Arbeitnehmer und die Umwelt aufgehoben, führte der Leitartikel weiter aus. Das Land schotte sich von der Außenwelt ab, es wolle sich aus internationalen Abkommen und der Weltgesundheitsorganisation zu­rückziehen. Der Artikel forderte die Wähler auf, dafür zu stimmen, „sich wieder der Weltgemeinschaft anzuschließen, um eine gerechtere und nachhaltigere Zukunft zu erreichen“.

Die Vereinigten Staaten sind das am härtesten von dem Coronavirus betroffene Land der Erde. Trumps Umgang mit der Pandemie ist eines der Hauptthemen des Wahlkampfes. Ihm wird vorgeworfen, wissenschaftliche Institutionen und wissenschaftliches Wissen ignoriert sowie Falschinformationen verbreitet zu haben.

Am vergangenen Freitag wurden in den USA 99.321 neue Fälle von SARS-CoV-2 ver­zeich­net, wie aus Da­ten der Johns-Hopkins-Universität (JHU) hervorgeht. Das sind fast 11.000 mehr als noch am Vortag.

Insgesamt wurden nach JHU-Angaben in den USA mit ihren rund 330 Millionen Einwoh­nern seit Beginn der Pandemie rund 9,05 Millionen Coronainfektionen bestätigt. Etwa 229.700 Menschen starben bislang – mehr als in jedem anderen Land der Welt.

afp/dpa

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