US-Immunologe Fauci befürwortet landesweite Maskenpflicht

Washington/Baltimore – Angesichts von Infektionszahlen mit SARS-CoV-2 auf Rekordniveau in den USA hat der US-Immunologe Anthony Fauci sich für eine nationale Maskenpflicht ausgesprochen. „Wenn es funktioniert, sollten wir es tun, ja“, sagte Fauci in einem Interview mit dem Sender CNBC.
Er glaube aber nicht, dass es auf Bundesebene geschehen werde, denn „es werde möglicherweise nicht vom Weißen Haus kommen“. Präsident Donald Trump, der sich am nächsten Dienstag um seine Wiederwahl bewirbt, hatte den Sinn von Masken im Kampf gegen das Virus wiederholt angezweifelt.
Gebe es keine Maskenpflicht auf nationaler Ebene, dann sollten die Bürgermeister und Gouverneure der Bundesstaaten eine solche auf lokaler Ebene anordnen, sagte Fauci weiter. Er leitet das Nationale Institut für Infektionskrankheiten (NIAID) und ist Mitglied der Coronavirus-Arbeitsgruppe des Weißen Hauses. Fauci gilt als integrer Experte, der sich auch nicht scheut, Trump in wissenschaftlichen Belangen zu widersprechen.
Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes sowie eine mögliche Maskenpflicht sind in den USA zu einem Politikum und Wahlkampfthema geworden. Im Gegensatz zu Trump hatte der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden mehrfach das Tragen von Masken und auch ein nationales Vorgehen gegen das Coronavirus angemahnt.
In den USA wird es zudem nach Ansicht von Fauci vor Januar keinen Coronaimpfstoff geben. Klinische Studien für zwei experimentelle Impfstoffe seien weit fortgeschritten, die Erteilung einer Notfallzulassung durch die Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde (FDA) sei jedoch nicht vor Januar zu erwarten, sagte er in einer Videoschalte mit dem Fachmagazin Jama Network. Fauci sagte, „es könnte Januar sein, es könnte später sein, das wissen wir nicht“.
Die am weitesten fortgeschrittenen klinischen Studien sind Fauci zufolge jene für die Impfstoffe des Biotechunternehmens Moderna und die Studie von Pfizer. Der Pharmariese arbeitet mit dem Mainzer Unternehmen Biontech zusammen. Für eine Notfallzulassung der FDA müssten die Daten der Hersteller die Verträglichkeit und die „anhaltende Wirksamkeit“ ihres Impfstoffs belegen, sagte Fauci.
Faucis Äußerung stand im Widerspruch zu Aussagen von US-Präsident Donald Trump, der wiederholt in Aussicht gestellt hat, dass es noch vor Jahresende einen Impfstoff geben werde. Kritiker werfen Trump vor, die baldige Verfügbarkeit eines Impfstoffs für seinen Wahlkampf zu instrumentalisieren.
Weltweit befinden sich mehrere experimentelle Impfstoffe in großen klinischen Studien. Eine Notfallgenehmigung der FDA entspräche noch keiner regulären Zulassung, deren Hürden deutlich höher sind. Mit der ersten Genehmigung könnte zum Beispiel aber bereits das Impfen von Angehörigen von Risikogruppen und medizinischem Personal beginnen.
Die Zahl der neuen Coronafälle an einem Tag hatte in der vergangenen Woche in den USA erstmals seit Beginn der Pandemie die 80.000-Marke überschritten. Am Freitag und Samstag waren jeweils rund 83.700 Menschen positiv getestet worden, wie aus Daten der Universität Johns Hopkins in Baltimore hervorging.
In dieser Woche gab es heute knapp 79.000 neue Fälle. Die Zahl der Todesfälle blieb demnach relativ stabil bei 996. In dem Land mit rund 330 Millionen Einwohner haben sich insgesamt mehr als 8,8 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert, rund 227 000 starben.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: