Tuberkulose: Ärzte ohne Grenzen fordert besseren Zugang zu Medikamenten in Europa

Berlin – Die Hürden für den Zugang zur Behandlung von Tuberkulose (TB) in Europa müssen deutlich abgebaut werden. Das fordert die Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF). Viele TB-Medikamente, die in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen zugänglich seien, blieben in Europa zu teuer oder seien nicht erhältlich, lautet die Kritik.
Ärzte ohne Grenzen fordert deshalb die politischen Entscheidungsträger auf, entsprechende Richtlinien und politische Regelungen anzupassen und in Einklang mit den Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu bringen. „Die europäischen Regierungen können es sich nicht leisten, hinterherzuhinken und jahrzehntelange Fortschritte und Menschenleben aufs Spiel zu setzen, die bei einem rechtzeitigen Zugang zu wirksamen Tuberkulosebehandlungen gerettet werden könnten“, sagte Christophe Perrin, Tuberkuloseexperte bei der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen.
Konkret müsse der Zugang zu neueren Tuberkulosemedikamenten zu bezahlbaren Preisen für alle Länder der EU und des EWR, entweder durch bestehende Initiativen oder durch gemeinsame Verhandlungen mit den Lieferanten sichergestellt werden. Zudem brauche es eine Zulassung aller Tuberkulosemedikamente in den EU-/EWR-Ländern und die rechtzeitige Vermarktung unter Nutzung bestehender rechtlicher Spielräume. Entsprechende Bedarfe müssten an die Hersteller übermittelt werden.
Viele Geflüchtete aus der Ukraine betroffen
Im Jahr 2022 hatte Ärzte ohne Grenzen damit begonnen auf die Bedürfnisse der Geflüchteten zu reagieren, die aus der Ukraine nach Polen und in die Slowakei kamen. Die Organisation unterstützte dabei unter anderem eine große Zahl von Menschen, die von Tuberkulose und ihren arzneimittelresistenten Formen betroffen waren. Allerdings seien Polen und die Slowakei nicht ausreichend auf die Behandlung von Tuberkulose vorbereitet gewesen, schreibt die Organisation. Als Grund nannte Ärzte ohne Grenzen eine begrenzte medizinische Infrastruktur sowie veraltete Standards für Tests, Behandlung und Prävention von Tuberkulose. Zudem seien WHO-Leitlinien nicht in die nationale Gesundheitspolitik integriert.
Dieser Mangel zeige sich auch in den meisten anderen EU-/EWR-Ländern, wo neuere und vorhandene Medikamente aufgrund hoher Preise oder fehlender Zulassung unzugänglich blieben. Darunter seien die von der WHO empfohlenen rein oralen Behandlungen für DR-TB, kinderfreundliche Behandlungsschemata sowie kürzere präventive TB-Behandlungen, von denen die meisten in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen weitgehend verfügbar seien.
Als Beispiel nannte Ärzte ohne Grenzen das von der WHO empfohlene sechsmonatige, rein orale Behandlungsschema für arzneimittelresistente Tuberkulose. Es bestehe aus Bedaquilin, Pretomanid, Linezolid und Moxifloxacin (BPaLM) und koste in vielen EU-/EWR-Ländern mehr als 40.000 Euro, während es in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen über die Global Drug Facility, einen internationalen Mechanismus zur Beschaffung von Tuberkulosemedikamenten und Diagnostika, für 380 Euro erhältlich sei.
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